Freitag, 17. Mai 2019

Zistrosen

Letzten Winter regnete es im Mittelmeerraum sehr stark – jetzt sind die (Stau)-seen voll, die Quellen sprudeln. Auch auf Kreta grünt und blüht es, die sonst ausgedörrten braunen Hänge leuchten frischgrün und sind von einem Blütenmeer bedeckt. Die spektakulären Zistrosen stehen in voller Pracht – kniehohe Sträucher mit großen weißen oder lila Blüten und kleinen immergrünen Blättern. Zistrosen sind haute couture: die gekrinkelteTextur der zarten Blütenblätter, die leuchtenden Farben - wie die schönsten Seiden aus Pariser Ateliers. Auf Kreta begegneten wir kürzlich der weißblühenden Salbeiblättrigen Zistrose (Cistus salviifolius) und der lilafarbenen Kretischen Zistrose (Cistus creticus).
Haute Couture: Kretische Zistrose

Salbeiblättrige Zistrose

Wohlgeruch der Geißböcke

Das ölige Harz der Zistrose, das Ladanum (oder Labdanum, schon seit dem Mittelalter auch fälschlich Laudanum genannt) war seit dem Altertum als Basis für Salben und Medizin begehrt – bei Erkältungen, Durchblutungsstörungen und zur Förderung der Wundheilung. Der Name Ladanum stammt von den Phöniziern; er bedeutet „klebriges Kraut“. Im Sommer scheiden Blätter und Stängel der Zistrosen ein öliges Harz aus, man meint, die Pflanze schwitzt in der Hitze. Dioskurides, Arzt aus der griechischen Antike im 1. Jahrhundert, berichtet von der kuriosen Gewinnung des Ladanums: Hirten trieben Ziegen in das Zistrosen-Dickicht. In Beinhaaren und Ziegenbart blieb das Harz hängen – die Ziegen ernteten also die kostbare Essenz, die Hirten kämmten sie den Ziegen aus Bart und „Hosen“ und verkauften sie.

Erntemaschine für Ladanum

Erntemaschine für Ladanum: das Ladanisterion
 


Erntemenschen bei der Laugenwäsche von Zistrosen

Später durchkämmte man die Zistrosenmacchia mit dem Ladanisterion, einem Rechen, versehen mit langen Lederriemen. Von den Riemen schabte man das Harz mit Messern ab.
Der intensive balsamische Amberduft des Ladanum wurde im letzten Jahrhundert für die französische Parfumherstellung immer wichtiger: Die Duftfabriken in Grasse destillieren seit den zwanziger Jahren Zistrosen aus der Esterel-Region; in Spanien – in Andalusien und der Region um Salamanca – siedet man geschnittene Zistrosenzweige in Kesseln, die eine starke Lauge enthalten. Daraus gewinnt man das Ladanum. Der Schwerpunkt der Ladanumproduktion liegt heute in Spanien und Portugal und nicht mehr in Griechenland. Hauplieferantin für Ladanum ist die Lack-Zistrose, Cistus ladanifer, die nur im westlichen Mittelmeerraum vorkommt und mehr Harz liefert als andere Zistrosen. Strenge Nutzungsbestimmungen sollen eine Übernutzung der Lack-Zistrose dort eindämmen. 
Würstchen des Begehrens - Ladanum
 

Macchia mediterranea
Abholzung, Brände, Ziegenweide bilden die diabolische Triade, die über Jahrtausende zum Niedergang der Wälder im Mittelmeerraum führte. Hauptbaumart war die immergrüne Steineiche, die an vielen Orten nur noch als Strauch vorkommt, in Gärten und Parks aber oft monumentale Bäume bildet. Botaniker sind fasziniert von der äußerst artenreichen sekundären Strauchformation, die aus dem ursprünglichen Wald hervorging, der Macchia („macchia mediterranea“). Sie tritt uns in verschiedenen Degradationsstufen entgegen: Im arbution finden wir noch höhere Bäume wie den Erdbeerbaum (s. Eulenblick vom Dezember 2018), daneben Sträucher wie den phönizischen Wacholder, den Mastixstrauch oder die Baumheide, eine mannshohe Erika, aus deren Wurzelholz Pfeifenköpfe gedreht werden. Die niedrigste Form der Macchia ist die gariga, in Griechenland phrygana genannt. Dort finden wir nur noch schüttere, dornige Sträucher, durchsetzt von Felsboden - Kermeseiche und aromatische Kräutern wie Lavendel, Salbei, Rosmarin, Thymus. Auch die Zistrose gehört hierher.

Die Pflanzen der Macchia wappnen sich mit diversen Anpassungen gegen Hitze, Brand und Ziegenzahn. So hören sie im Sommer zu wachsen auf, die Vegetationsperiode ist während der Regenzeit in Herbst und Winter. Viele werfen ihre Blätter im Sommer ab, blühen im Winter oder Frühjahr, so wie die Zistrose auch. Die Blätter sind oft klein und eingerollt, mit einer Wachsschicht versehen oder mit filzig-silberhaariger Oberfläche, die die Sonnenstrahlung reflektiert und eine windstille Luftschicht ausbildet, die die Verdunstung herabsetzt. Der Duft der Macchia kommt von den ätherischen Ölen, die so viele der Pflanzen ausströmen. Sie bilden in der windstillen Mittagshitze ein kühlendes Luft- und Duftpolster über der Pflanze – einen atmosphärischen Sonnenschirm.

Viele Sträucher der Macchia legen unterirdische Speicher an, Zwiebeln oder verdickte unterirdische Stängelteile („ Rhizome“), um nach Bränden schnell wieder auszutreiben. Ziegen fressen fast alles, doch die langen Dornen und Stacheln mancher Sträucher können auch sie nicht knacken – die Büsche breiten sich aus und bedecken oft ganze Hänge, zum Beispiel die Dornbusch-Wolfsmilch oder die Dornige Bibernelle.

Die Zistrose kämpft mit weiteren harten Bandagen um ihren Platz in der Macchia. So bilden die Wurzelhärchen der Zistrose eine Symbiose mit Pilzen der Gattung Tuber (zur Gattung Tuber gehören auch die Trüffel). Diese Pilze, die Mykhorriza, helfen der Zistrose, Wasser und Mineralien in ihre Wurzeln zu pumpen, was ihr auf den ausgelaugten Böden der Macchia weiterhilft . Die Mykhorriza schleckt dafür am süßen Zucker, den die Zistrosen durch die Photosynthese herstellen. So haben beide etwas von ihrer Zusammenarbeit – das ist ja das, was eine Symbiose auszeichnet. Eine bestimmte Mykorrhiza, Tuber melanosporum, lässt alle anderen Pflanzen außer der Wirtspflanze im Bereich ihres unterirdischen Pilznetzes absterben, indem sie Giftstoffe ausscheidet. Was für eine hinterhältige Waffe, doch der Zistrose kommt sie zugute! Es gibt Versuche, mit Hilfe von Zistrosen Trüffel zu züchten, da sie schneller als andere Wirtspflanzen der Trüffel wie Pinien und Eichen wachsen.

Die Zistrosen haben noch einen Trick, um nach Bränden schnell und bodenbedeckend auszukeimen. Während der Wachstumsperiode entlassen Zistrosen ihre Samen in den Boden, die keimen jedoch nicht aus. Ihre sehr harte Samenschale ist wasserundurchlässig; sie können für Jahrzehnte im Boden ruhen. Die Sträucher bauen also große Samenbanken im Erdreich auf. Wenn es brennt, brechen in den kurzen und heißen Bodenfeuern die Samen auf und keimen aus. Bald bedecken sehr viele Schößlinge der Zistrose den Boden und halten konkurrierende Pflanzen hintan.


In der Macchia: Zistrosen
 
Bilder
Wolf Schröder 2
Zinnman
Biolandes
Instastalker
Tournefort
Haplochromis

Dienstag, 19. Februar 2019

Palmfarn

 
 
Es dauert nur noch wenige Wochen, bis die ersten Knospen aus ihrer winterlichen Erstarrung erwachen werden. Ein Besuch in den Gewächshäusern des Botanischen Gartens hilft über die blüten- und farbenlose Zeit des Winters hinweg.

Dort sah ich mir in einem der großen Glashäuser, dem Cycadeenhaus, die Palmfarne einmal näher an. Palmfarne haben ihren Namen von den meterlangen fiedrig geteilten Blattwedeln, die entfernt an Palm- oder Farnwedel erinnern. Doch sind Palmfarne weder Palmen noch Farne; sie sind eng verwandt mit den Nadelbäumen. Wie diese liegen ihre Samen direkt unter den Schuppen der Zapfen auf – solche Pflanzen nennt man Nacktsamer. Der größte Unterschied zu den Nadelbäumen sind die großen Blattwedel der Palmfarne. Sie wachsen aus einem –manchmal unterirdischen – Stamm, um den herum die Basis der abgefallenen Blätter eine Art Panzerung bilden.
Weder Palme noch Farn, trotz der Blattwedel
 
Palmfarne sind uralt. 230 Millionen alte Gesteine enthalten Fossilien von Palmfarnen. Ihre große Zeit hatten sie vor 65 Millionen Jahren, in der Kreidezeit. Dinosaurier bewegten sich zwischen Palmfarnen fort, trampelten auf ihnen herum und fraßen die Blätter und Früchte. Mit ihrem Kot ließen sie unverdaute Samen fallen, verbreiteten sie. Nach dem Ende der Kreidezeit, nach dem Einschlag des Asteroiden, der das Ende der Dinosaurier besiegelte und den Aufstieg der Säugetiere – und der Laubbäume – einleitete, ging auch die Vorherrschaft der Palmfarne zu Ende. Heute haben wir noch 100 Arten in 10 Gattungen dieser urtümlichen Großpflanzen. Nachdem Dinosaurier als Samenverbreiter nicht mehr da sind, verschleppen heutzutage nur noch Opossums die Samen; Nashörnern und Elefanten scheinen kein Interesse an dieser Speise zu haben.
 
Verwandt mit Nadelbäumen: männliche Blüten"zapfen"
 
Leckerbissen für Saurier:
weiblicher Zapfen mit Samen von E.ferox
 
In der Kreidezeit erlebte die Erde eine feucht-heiße Klimaperiode; tropische Wälder reichten bis an die Pole. Dem entsprechend finden wir die heutigen Palmfarne in warmen Gegenden, in den Subtropen Südafrikas und Südamerikas. Auf Afrikaans heißen Palmfarne Broodboom , denn die Einheimischen im südlichen Afrika gewannen Stärke aus ihrem Stamm und den Blättern. Vor wenigen Jahren noch nutzten Menschen in Mozambique die Stärke in den Blättern der Sagopalme - auch sie keine Palme, sondern ein Palmfarn.

Wir sprechen von Nackt-"samern“ – und wo Pflanzen Samen tragen, müssen sie Blüten haben. Tatsächlich sind Palmfarne die erdgeschichtlich ältesten Blütenpflanzen. Männliche und weibliche Blüten sitzen auf unterschiedlichen Individuen – man spricht von Zweihäusigkeit (Diözie). Bei den männlichen Blüten sitzen Pollensäckchen unter Schuppen, die an jene der Zapfen der Nadelbäume erinnern. Auch die weiblichen Blüten ähneln Zapfen – unter den Schuppen dieser „Zapfen“ bilden sie die Samen aus. Bei der Fortpflanzung holen sie sich Hilfe von anderen:

„Käfer, schreite zur Befruchtung“ – so oder ähnlich würden Palmfarne wohl zu den Vehikeln sprechen, die den Pollen von den männlichen zu den weiblichen Blüten transportieren. Ja, es sind Käfer, die bei den Palmfarnen diese edle Aufgabe übernehmen, und nicht die Bienen, die jetzt alle retten wollen. Es waren auch diese Käfer, die die Bestäubung von Pflanzen durch Insekten überhaupt „erfunden“ hatten, möglicherweise schon vor 175 Millionen Jahren. Zu jener Zeit hingen die Kontinente noch im Urkontinent Gondwana aneinander. Jede Art von Cycadeen hat ihre eigene Käferart zur Bestäubung. In Gewächshäusern sind es die Gärtner, die die Bestäubung per Hand vornehmen müssen, da die entsprechenden Käfer nicht vorhanden sind.

In der Kreidezeit könnte es so ausgesehen haben: Käfer auf Palmfarn
Im Cycadeenhaus des Botanischen Gartens in München fallen jetzt im Winter besonders die leuchtendroten Früchte von Encephalartos ferox auf, die an der Basis der dunkelgrünen meterlangen Blätterwedel stehen. An ihnen erkennt man die Verwandtschaft der Palmfarne mit den Nadelbäumen: Zapfen, die ihre Schuppen abwerfen und so die darunter liegenden rot-gelben Samen entlassen.  Ein Verbreitungsschwerpunkt von E. ferox ist KwaZulu Natal an der Ostküste Südafrikas vor. Auch aus ihrem Stamm extrahierte die südostafrikanische Bevölkerung in Notzeiten Stärke.


Heiß begehrt von Sammlern: E.ferox mit dornigen Blattfiedern


Carlo Fornasini (1805-1965), ein italienischer Botaniker; bereiste ab 1839 Mozambique und das südliche Afrika. Seine große Pflanzenkollektion sandte er nach Bologna zu seinem Kollegen Giuseppe Bertoloni (1804-1878), der unsere Pflanze erstmals beschrieb und ihr den wissenschaftlichen Namen verlieh. Der Artname ferox für wild, ungezähmt, stammt von den dornigen Blattfiedern, die sich an der Blattspindel gegenüberstehen.

E. ferox wächst in Küstennähe, auf Sand oder in den Dünen. Auf den trocken-sandigen Böden kann sie nur gedeihen, wenn es genug regnet. Sie braucht die Feuchtigkeit, die der Indische Ozean an die Küsten Südost-Afrikas bringt. Ihr spektakuläres Aussehen - vor allem der Zapfen - macht sie zu einer ikonischen Garten- und Parkpflanze. Kälte allerdings verträgt sie nicht, sodass sie kalte mitteleuropäische Winter nur im Glashaus übersteht.
Mag sandige Böden, liebt feuchten Wind vom Indischen Ozean
Cycadeen sind bei Sammlern sehr begehrt. In Südafrika hat die Entnahme aus der Wildnis einige Arten an den Rand des Aussterbens gebracht. Sie überleben, weil Pflanzgärten sie weiterzüchten. Doch gibt es Bestrebungen, Cycadeen in freier Wildbahn zu erhalten: Seit 2007 gilt in Südafrika ein Moratorium für die Entnahme wilder Cycadeen.
 
Fotos:
Angelika Schneider 2
Michael Wolf 1
NIGPAS 1
Salvatore Ingrassia 1
Dr AndreJCilliers 1

 

Sonntag, 30. Dezember 2018

Erdbeerbaum


In den heißen und trockenen Sommern des Mittelmeerraums hören viele Pflanzen zu wachsen auf. In den milden und feuchten Wintern nehmen sie ihr Wachstum wieder auf, blühen und fruchten.
Die Kräuter und Sträucher der Macchia mediterranea, des immergrünen Buschwalds gehören zu diesen Sommerschläfern. Rosmarin, Lorbeer, Zistrose, Mastixbaum, immergrüne Kork- und Steineichen schützen sich außerdem vor dem Austrocknen, indem sie die Verdunstung durch filzige Behaarung herabsetzen oder Blätter und Stängel mit einer dicken Wachsschicht ummanteln. Viele von ihnen tragen Dornen und Stacheln, bilden wehrhafte Dickichte.  
Auch der Erdbeerbaum (Arbutus unedo) gehört zur Clique. Mit Erdbeeren hat er nichts zu tun. Seine knallroten runden Früchte haben ihm den wenig phantasievollen deutschen Namen eingetragen. Jetzt im Winter hat der kleine Baum (bis 12 m hoch) seine große Zeit: Die Früchte leuchten aus dem immergrünen stacheligen Blättergewusel, daneben hängen die cremeweißen, rosa und grün überhauchten Blütenglöckchen. Der Erdbeerbaum blüht von Oktober bis März, gleichzeitig reifen nach und nach die Früchte. Hummeln lieben den Erdbeerbaum und den süßen Nektar aus seinen Blüten.


Grm jagodičnice.JPG
Blüht und fruchtet zugleich: der Erdbeerbaum

Die Farbe der Früchte wechselt von gelb zu leuchtend rot, sie sind kugelrund und mit kleinen Wärzchen versehen. Doch schmecken die Früchte mehlig und fad, daher stammt auch der lateinische Artname unedo, von unam edo (nur eines esse ich). Trotzdem werden sie zu Marmelade verarbeitet und als Likör angesetzt. In meiner kleinen Recherche zu diesem Artikel bekam ich eine Information aus Sardinien, nach der Kinder sich mit Früchten des corbezzolo, so sein italienischer Name, den Bauch mit mehr als unum vollschlagen (grazie, Marcello Airi). Der Name Corbezzolo könnte laut dem italienischen etymologischen Wörterbuch von corvo, dem Raben, stammen, denn diese Vögel und ihre gefiederten Kollegen tun sich gern an den Früchten gütlich, verführt von der signalroten Farbe. Mit dem Kot scheiden sie die unverdaulichen Samen aus, verbreiten sie dadurch. Der Erdbeerbaum wurde als Heilpflanze bei Nierenbeschwerden genutzt, ein Blätteraufguss wirkt diuretisch.
Von gelb zu leuchtend rot: die Früchte
Bildergebnis für corbezzolo marmellata
Unum edo? 
Der Erdbeerbaum wächst an der Atlantikküste Portugals und rings um das Mittelmeer. Aber auch im Nordwesten Irlands kommt er vor, vom regenreichen Wettter verwöhnt und von strengen Wintern verschont.

Dieses hübsche Bäumchen hat kulturgeschichtliche Spuren hinterlassen. Im Stadtwappen von Madrid lehnt ein Bär an einem Erbeerbaum, man sieht ihm an, dass er einen Gusto auf die roten Früchte hat. Auch das Vereinswappen von Atletico Madrid leitet sich ab aus dem Wappen Madrids – Bär und Baum sind da, die Erdbeerbaumbeeren sind nach der letzten heraldischen Überarbeitung des Wappens verschwunden, trotz der Proteste der Fans.
File:Escudo de Madrid.svg
Er will an die Früchte
 
Datei:Atletico Madrid logo neu.png
Im neuen Wappen von Atletico  sind die
 Erdbeerbaumfrüchte verschwunden
Grün, weiß, rot sind die Farben der italienischen Fahne. Der herbstliche Erdbeerbaum, an dem neben den grünen Blättern die roten Früchte und die weißen Blütenglöckchen prangen, wurde während des Risorgimento, der italienischen Einigungsbewegung des 19. Jahrhunderts, bald zum Symbol des 1861 entstehenden italienischen Einheitsstaates. Giovanni Pascoli, Dichter und Nobelpreisträger von 1906, schrieb eine Ode Al corbezzolo. Tatsächlich waren es  aber zwei Studenten aus Bologna, die als erste1794 die italienische Tricolore schwenkten, in einem Aufstand gegen die Obrigkeit ihrer Stadt . Ihr Vorbild war die blau-weiß-rote Fahne der französischen Revolution. Um sie nicht einfach zu kopieren, tauschten sie die blaue mit der grünen Farbe.

Bilder:
Wolf Schröder 2
Valadrem 1
Atletico Madrid 1
Jozicav 1
Az. Agr. Ibba 1

Mehr über die Macchia mediterranea in meinen Buch:
„Toskana – Wein, Kastanien, Hirten, Herren. Vom Werden der Landschaft.“
 
 

Hier die Links:
 Amazon:

Donnerstag, 1. November 2018

Ölbaum


 

Der Ölbaum –Symbol des Mediterranen

Olea prima omnium arborum est.
Columella

Der Tod ist nur wie das Herabfallen einer herbstlich reifen Olive.
Marc Aurel. Selbstbetrachtungen

„Die Ölbäume sind wunderliche Pflanzen; sie sehen fast wie Weiden, verlieren auch den Kern, und die Rinde klafft auseinander… nur wenige Blätter am Zweige.“
Goethe, Italienische Reise 1786



Er war der Baum Athenes, der mit der Stadt verbundenen Göttin. Vor allem aber war der Ölbaum (Olea europaea) Symbol der Zivilisation, der Kontrolle des Menschen über den Raum. Die Ölbaumkulturen waren seit der Antike Zeichen der Unterwerfung der Natur durch die polis.

 Der unverwüstliche Baum war das Symbol des Sieges – dem Sieger gebührte ein Ölzweig. Zugleich war die Olive Friedenssymbol: Die Taube mit dem Ölzweig ist eine der vielen (250!) Erwähnungen des Baumes in der Bibel. Die Taube flog zu Noah, um ihm das Ende der Sintflut anzuzeigen. Sie trug den Ölzweig im Schnabel, als Zeichen, dass die Ölbäume schon aus dem Wasser ragten.

Phönizier und Griechen zuerst, dann die Römer, pflanzten den Ölbaum in ihren Kolonien im Mittelmeerraum. Die Araber verbreiteten den Baum in Nordafrika und Spanien. Circa eine Milliarde Bäume wachsen heute in den Plantagen rund um das Mittelmeer.

Der Ölbaum geht auf den wilden Oleaster zurück, eine Pflanze der macchia mediterranea. Der Oleaster ist ein stark verzweigter, mit Dornen bestückter Strauch. Seine Blätter sind kleiner als jene des Ölbaums, die Früchte sehr klein und bitter. Sie enthalten nur wenig Öl. Die Blüten des Ölbaums sind unscheinbare weiße Rispen, aus denen die ölhaltigen Steinfrüchte mit ihrem harten Kern hervorgehen.

Vom wilden Oleaster....

 
...zum domestizierten Ölbaum

In Athen stand der Ölbaum für kultische Handlungen bereit: Altäre wurden aus ihrem Holz errichtet; das Holz nährte das heilige Feuer. In der Odyssee ist von gesalbten Göttern und Helden die Rede, was bedeutet, dass deren Statuen mit Öl bestrichen wurden Das Öl hatte auch praktische Funktion, es spendete Licht in Öllampen, war Heilpflanze für Haut und Verdauungssystem. Mit Olivenöl wurde der olympische Sieger gesalbt; in Olympia konnte der Sieger im Stadionlauf 60 Amphoren Öl als Preis gewinnen – das waren zwischen 1000 und 2000 Liter Öl. Die Olive stand im Schutz des Areopag, des höchsten Gerichts in Athen. Die Strafe für unerlaubte Rodung von Ölbäumen ging von Enteignung, Verstümmelung bis zum Tod.

Thukydides (460-396 v. Chr.) schrieb von Wein und Öl, die den Austritt aus der Barbarei und den Beginn der Zivilisation markierten. Athen hatte die Demokratie erfunden – ihr Schutzbaum, die Olive, ist die Urpflanze der Demokratie.

 Kreta, heute noch eine Hochburg des Olivenanbaus, gab Baum und Frucht den Namen. Das lateinische Oliva kommt aus dem kretischen oleiva. Daher oleum, Öl, oil, huile. Der spanische Name stammt – natürlich – aus dem Arabischen: Aceituna und aceite von al-Zaytun, dem Wort der Mauren für die Olive.

Auch die Römer rieben Statuen kultisch mit Öl ein und schätzten es als Arznei. Öl spendete Licht: Kleine römische Öllämpchen fand man im Mittelmeeraum in fast allen archäologischen Stätten. Der Ölanbau der Etrusker ist ab der Mitte des 7. Jahrhunderts v. Chr. nachgewiesen.

Die antiken Zentren des Anbaus waren die ägäischen Inseln, besonders Kreta, wo sich 4500 Jahre alte Spuren von Pollen von Olivenblüten fanden. Die Domestikation des Oleasters nahm in Kleinasien ihren Anfang. Ölbäume werden Hunderte von Jahren, manche sagen bis 2000 Jahre alt. Wenn sie oben absterben, treiben sie aus dem Wurzelstock von neuem aus. Diese Fähigkeit zur Selbsterneuerung machte die Olive zu einem Symbol der Unsterblichkeit.

In den Georgica berichtet Vergil vom Goldenen Zeitalter: Die Eiche ernährt die Menschen, die nichts zum  Überleben dieses Baumes beitragen müssen. Am Ende des goldenen Zeitalters löst der Ölbaum die Eiche ab. Die Eiche gehört der Sphäre der Wildnis an, die Olive ist reine Kulturpflanze, der die Menschen das Öl mühsam abringen müssen.

Im Mittelalter verbreitetenAraber den Ölbaum aus Nordafrika in den von ihnen eroberten Gebieten; vor allem in Andalusien.

Im mittelalterlichen Süditalien war es ein Deutscher aus dem Geschlecht der Staufer, der die arabische, die „sarazenische“ Kultur erglänzen ließ: Friedrich II von Hohenstaufen (geboren 1194 in Jesi, gestorben 1250 bei Lucera), König von Sizilien, Deutscher König und römisch-deutscher Kaiser. Friedrich hinterließ berühmte Bauten wie das Castel del Monte in Apulien, führte Naturwissenschaften, Recht und Verwaltung zu hoher Blüte. Während der staufischen Herrschaft breitete sich die Ölbaumkultur in Sizilien und Apulien aus. In Apulien wuchs der Ölbaum oft in Mischkultur mit Mandelbäumen, am Rand oder einzeln in Weizenfeldern. In und um Taranto waren Ölbäume schon in byzantinischer Zeit mit Feigen und Mandeln vergesellschaftet.

Mittelitalien mit Umbrien und der Toskana ist heute noch für seine hochwertigen Öle bekannt. Die Olivenkultur war eng mit dem System der Halbpacht, der mezzadria, verbunden. In der Mezzadria stellte der padrone Grund und Boden, Wohn- und Wirtschaftsgebäude zur Verfügung; der Bauer, der mezzadro und seine Familie stellten die Arbeitskraft. Die Ernte wurde zur Hälfte geteilt. Die Mezzadria entstand im Spätmittelalter, etablierte sich nach der großen Pest 1345-48 und behielt ihre Vorherrschaft über 500 Jahre lang, bis in die sechziger Jahre des Zwanzigsten Jahrhunderts.

In der Mischkultur der Mezzadria wurden die Ölbäume oft stark beschnitten. Die Bauern übertrieben dabei gerne: L’ulivo vuole il pazzo (der Ölbaum will den Verrückten) war die Rationalisierung für ihr Tun. In Wirklichkeit diente der scharfe Schnitt einem höheren Kornertrag, da gestutzte Bäume den Weizen weniger beschatteten. Im toskanischen Norden und in der Maremma pflanzte man auch den reinen Olivenhain (alla pisana), also richtige Olivenwälder, eingefasst von Zäunen und Mauern. In diesen Klausen (chiudende) wurde nicht gesät, wohl aber der Boden alle paar Jahre gehackt und als Weide genutzt.

Im Mittelalter waren Ölbäume auf den Bauernhöfen Italiens noch selten. Erst in der Renaissance, in einer Zeit, als die Städte die Kontrolle über das Land vorantrieben, kam der Ölbaum auf die Höfe. In höheren Lagen fehlt die kälteempfindliche Olive,  die Rebe hingegen ist frosthärter, sie steigt höher hinauf..

Die Ernte der Oliven ist auch heute noch der größte Kostenfaktor. Sie erfolgt im Winter; die Frage war stets, wie man Oliven vom Baum bringt, ohne die Knospen zu beschädigen. In manchen Ländern des Mittelmeerraums werden die Oliven mit Stangen von den Zweigen geschlagen; in Italien streift man sie von Hand von den Zweigen und sammelt sie in Netzen mit Tüchern darunter. Oliven kommen in die Ölmühle (in Italien frantoio) zur Pressung. Was bei der ersten Pressung von den Mühlsteinen fließt, ist zum Klischee geronnen – das kaltgepresste Olivenöl, das olio extravergine d’oliva. Die kalte Pressung mit den großen Mühlsteinen ist die klassische Behandlung der Oliven in der Ölmühle. Eine zweite oder dritte Pressung, von heißem Wasser oder synthetischen Lösungsmitteln unterstützt, kam erst mit der Industrialisierung auf.

In der Toskana stößt der kälteempfindliche Olivenbaum an die Grenze seiner möglichen Verbreitung. Ältere Bauern haben den Januar 1986 noch in böser Erinnerung. Auf minus 24° Grad sank das Thermometer in Florenz, der Arno war zugefroren. In der Toskana und in Umbrien erfroren an die 70% aller Ölbäume, 1000jährige Bäume froren zu Tode. Nur etwa die Hälfte der Ölmühlen überlebte. Der Frost von 1986 war eine Zäsur im Olivenanbau. Es folgte eine Modernisierung und Intensivierung des Anbaus. Doch die Ölproduktion ist rückläufig, die Olivenernte ist zu teuer. Kleine Betriebe geben auf, große expandieren. Heute gibt es in der Toskana 56.000 ha Oliven, die durchschnittliche Betriebsgröße beträgt 1,5 ha.


1986 erfroren, aus dem Stumpf neu ausgetrieben
 
Italienisches Olivenöl gilt als das beste der Welt. Doch sein guter Ruf hat in den letzten Jahren schwer gelitten. Nur ein Drittel des olio extra vergine d‘oliva, das in Italien verbraucht oder exportiert wird, ist auch dort gewachsen. Wie kam es zu dieser wundersamen Ölvermehrung? Bis 2008 war es in Italien legal, aus importierten Oliven „italienisches“ Öl zu pressen. Das ist heute verboten, doch gelangen immer noch große Mengen importierter Öle letztlich als italienische in den Handel. Diese Öle sind oft von sehr schlechter Qualität. Ein kalabresischer Ölproduzent spricht von den 6 Millionen Zentnern Oliven, die auf tunesischen und türkischen Schiffen die italienischen Küsten erreichen: Schiffe mit Sonnenblumenöl, Haselnussöl, chemisch extrahiertem Oliventrestern, gefärbt mit synthetischem Chlorophyll. Es fehlt an ausreichenden Kontrollen.

Doch auch die europäische Union macht es Ölpanschern leicht, minderwertiges Olivenöl in den Handel zu bringen. So ist 0,8 % Säure im Öl erlaubt. Öl-Biobauer Alessandro Damiani sagt: "Meine frisch geernteten Olivenöle haben ein Zehntel und weniger dieser Werte. Kein wirklich frisch gepresstes Olivenöl hat so schlechte Werte, wie die Europäischen Normen erlauben. Das sind Normen, die wie die Gebrauchsanweisung zum Panschen aussehen."

Der in Ligurien lebende Journalist Tom Mueller, ein Olivenöl - Aficionado, deckte in seinem Buch Extravirginity Fälschungen und Panschereien in großem Stil auf. Hohe Nachfrage, hohe Preise, wenig Produktion – die Fälschung von Olivenöl ist zu einem Millionengeschäft geworden. 2005 schon deckten die Carabinieri einen großen Fälscherring auf, 2014 dann den Skandal der Azienda Olivicola Valdipesa.

Ein gutes Olivenöl zu finden ist nicht leicht: Billige Öle sind schlecht, aber nicht alle teuren Öle sind gut. Wer nicht gerade den Olivenbauern seines Vertrauens hat (und wer hat schon einen), muss sich informieren: im Netz, beim Händler und mit der sorgfältigen Lektüre des Kleingedruckten auf dem Etikett.
 

Diesen Artikel über den Ölbaum habe ich, leicht verändertt, meinem Buch entnommen:

„Toskana – Wein, Kastanien, Hirten, Herren. Vom Werden der Landschaft.“
 
 

Hier sind die Links:
 

Mittwoch, 11. Juli 2018

Mopane


In der Kalahari


Ist man im südlichen Afrika unterwegs, lernt man bald, dass die Kalahari, obwohl voll rotem Sand, nicht Wüste, sondern Savanne ist. Sie ist mit Dornbüschen – verschiedenen Akazien – bedeckt, mit riesigen Baobabbäumen und, auf großen Flächen, mit dem Mopanebaum. In Südafrika, in Botswana und Namibia tritt Mopane (Colophospermum mopane) oft als vier bis 18 m hoher Strauch auf, weiter nördlich, in Angola und Malawi, bildet er Wälder mit großen Bäumen (Cathedral-Mopane). Der berühmte Etosha-Nationalpark in Namibia zum Beispiel ist zu 80 % von Mopanebusch bedeckt, ähnlich wie der Krüger-Nationalpark in Südafrika.
 

„Mopane“ bedeutet Schmetterling auf Setswana, der Sprache Botswanas. Das zweiflügelige Mopaneblatt sieht einem Schmetterling ähnlich, zumal sich seine „Flügel“ in der heißesten Zeit des Tages zusammenlegen, um der austrocknenden Sonne weniger Angriffsfläche zu bieten.
 

Der Mopanebaum ist mit flachgründigem, alkalischem und tonig-sandigem Boden zufrieden, so auch mit den Böden der Kalahari. Mopane ist ein Schmetterlingsblütler, er ist imstande, sich Dünger selbst herzustellen, mit Hilfe von Knöllchenbakterien in seinen Wurzeln, die aus Luftstickstoff wachstumsförderndes Nitrat fabrizieren.
 
Flügel wie ein Schmetterling
 
Afrikanische Delikatesse: Mopanewurm
 

Nahrung, Kleidung, Wohnung


Mopane dient dem Menschen auf vielfältige Weise, als Nahrung, Kleidung, Wohnung und als Medizin. Die Früchte des Mopanebaums sind dünne, braungelbe, nierenförmige Schoten, in ihrem Inneren befindet sich ein einzelner Samen. Außer den Blättern fressen Giraffen, Antilopen, Nashörner diese stark eiweißhaltigen Bohnen. Elefanten fressen außerdem noch die Rinde.
 
Die Blätter und die Schoten des Mopane enthalten Terpentin, ein ätherisches Öl, das einen gewissen Schutz gegen Fraßfeinde darstellt, in der Hitze verdunstet und dabei das Blatt kühlt. Durch das Terpentin sind die Schoten in ihrem Inneren klebrig; der Gattungsname Colophospermum – öliger Samen – bezieht sich darauf. Der Schutz durch das Terpentin ist nicht absolut. Alte Blätter enthalten mehr Terpentin als junge, junge Blätter werden lieber gefressen. Viele Tiere – z.B. Elefanten und Antilopen – sind eigentlich Grasfesser. Zuviele Mopaneblätter können sie nicht fressen, da Terpentin leicht giftig ist.
 
In der Regenzeit sind die berühmten „Mopanewürmer“ die größten Fraßfeinde des Mopane. Sie sind die Raupen eines Nachfalters aus der Familie der Pfauenspinner. Mopanewürmer sind eine wichtige Eiweißquelle für Menschen in ländlichen Gegenden des südlichen Afrika, in den Städten sind sie als Delikatesse beliebt; seit neuestem haben auch westliche Hipster Mopanewürmer als Lifestyle-Snack entdeckt.
Auf dem Mopanebaum lebt auch eine Seidenraupe (African wild silk mothGonometa postica). Aus dem Raupengespinst machen San und Bantu, afrikanische Völker, gerne Fußrasseln; die Wildseide aus der Raupe wird u.a. in Namibia und Botswana kommerziell genutzt.
Das Holz ist sehr hart und widerstandsfähig, Termiten können ihm nichts anhaben. Die hohen Grasdächer der afrikanischen Rundhäuser, der rondavels, sitzen auf Balken aus Mopaneholz, aus Mopane sind auch die Zäune der Kraals, von Pfosten und Eisenbahnschwellen. Der dunkelrote Kern und der weiße Splint machen Mopane beliebt als Parkettholz; Instrumentenbauer machen aus Mopane Klarinetten und Oboen. In den Dörfern liegen am Straßenrand zum Verkauf aufgeschichtete Bündel aus Mopaneholz – für das Braai, das südafrikanische Barbecue.
Sicher hinter dem Kraal aus Mopanepfosten
Ergiebiges Feuerholz für das Braai
Mopane ist auch eine Medizinalpflanze, ihre Zweige werden zur Zahnpflege verwendet, die Blätter mit ihren ätherischen Ölen und die Rinde zur Wundheilung.

King of Feast

Das wahre Symbol Afrikas, der King of Beast ist, noch vor dem Löwen, der Elefant, das größte Landtier der Erde. Früher war er außerhalb der Sahara in ganz Afrika verbreitet, überall dort, wo es Wasser und Bäume gab. Fünf Millionen Elefanten gab es einmal, sie wanderten über Hunderte von Kilometern auf immer gleichen Strecken. Viele Straßen in Afrika verlaufen auf ehemaligen Elefantenwegen. Im letzten Jahrhundert schrumpften Anzahl und Verbreitung des Elefanten, durch Bevölkerungswachstum und Wilderei. In den 1970ern und 1980ern brachte Elfenbeinwilderei soviel ein wie Drogenhandel. 1981 lebten 1,3 Millionen Elefanten in Afrika, die meisten außerhalb von Schutzgebieten. 1986 waren 750.000 Elefanten übrig. In vielen Ländern Ost- und Zentralafrikas waren 80 % der Elefanten verschwunden. Der Afrikanische Elefant schien verloren. 1990 kam es zum Verbot des Handels von Elfenbein. Die größten Importeure – Japan, Indien, Hong Kong, Singapur, USA – stimmten einem Moratorium zu.
Einige Länder Südafrikas, in denen Elefanten effektiv vor Wilderei geschützt wurden, darunter Botswana und Südafrika, erreichten 1998 eine teilweise Aufhebung des Handelsverbots. Sie wollten Fleisch und Elfenbein von Elefanten aus kontrollierten Abschüssen verkaufen können. Sie wollen/müssen die Zahl der Elefanten vor allem in ihren Nationalparken reduzieren. Daraufhin stieg der Preis für Elfenbein, auch die Wilderei nahm zu. Doch wird sie auch sehr effektiv bekämpft, vor allem in Botswana (auch Nashörner sind hier sicher).
Bis zu 500 kg Vegetation frisst ein Elefant am Tag – er ist der King of Feast. In den Nationalparken Botswanas, Namibias und Südafrikas haben sich Elefanten in den letzten Jahrzehnten stark vermehrt – so stark, dass sie die Vegetation, und damit ihr eigenes Futter, in Gefahr bringen. Die Mopanewälder sind oft zu lückigem Busch verkommen. Auch in Zimbabwe laufen die Cathedral Mopane Gefahr, von den vielen Elefanten zu mickrigen Stauden zusammengefressen zu werden.
Ist die Zahl der Elefanten nicht zu groß, helfen sie den Mopanwäldern, sich zu verjüngen. Unter alten Mopanebäumen kommen Mopanekeimlinge auf; zu dichtes Unterholz erhöht die Waldbrandgefahr (Terpentin in den Blättern!). Von Elefanten gelichteter Wald ist besser geschützt vor Bränden. Erst wenn der Druck durch Elefanten zu groß wird, ist der Wald gefährdet. Eine Studie aus dem Krüger-Nationalpark hat gezeigt, dass Gras das liebste Futter der Elefanten ist, besonders in der Regenzeit. Die Quelle der Erkenntnis waren dabei die großen Elefantenbollern – Elefanten sind schlechte Futterverwerter, aus ihrem Kot kann man Pflanzenreste leicht herausfieseln und bestimmen. Doch besonders in der Trockenzeit fressen Elefanten Blätter des Mopane, schälen die Rinde, entwurzeln die Bäume.
Landschaftsarchitekten auf dem Weg zur Arbeit

Nach dem Besuch der Landschaftsarchitekten
Sie kriegen auch die Cathedral Mopane klein
In Botswana lebt die größte Elefantenpopulation weltweit, ca. 140.000 Tiere. Die – private – Großwildjagd auf Elefanten ist in Botswana verboten. Im Norden des Chobe-Nationalparks leben allein 60.000 Elefanten, obwohl das Gebiet nachhaltig nur 15.000 ernähren könnte. Außer Elefanten wollen ja auch Büffel und Antilopen satt werden. Elefanten sind dabei, langsam ihren Lebensraum zu zerstören.
Die Methode zur Reduktion der Zahl Elefanten ist das culling, der Abschuss. Dabei werden ganze Herden auf einmal getötet – Elefanten sind soziale Tiere, man kann sie nicht einzeln jagen. Die hohe symbolische Bedeutung der Elefanten, die vermenschlichende Betrachtung der Leitkuh als die gute Mutter der Truppe ruft natürlich viele Widerstände hervor, wenn Tiere geschossen werden sollen, so zum Beispiel 2008 im Krüger-Nationalpark. Der Standard-gut-gemeinte-Rat: Man solle die Elefanten „anderswo“ hinbringen, also das Problem exportieren. Nur: „Anderswo“ kann man Elefanten oft auch nicht brauchen; Versuche, Elefanten zu verfrachten, führten oft dazu, dass sie schnurstracks in ihr Herkunftsgebiet zurückliefen. Trotzdem sollen 400 Elefanten von Botswana in einen Nationalpark nach Mozambique gebracht werden – eine wahnsinnig teure Aktion mit ungewissem Ausgang und auch nicht wirklich die Lösung.
Vielversprechender ist die Einrichtung von KaZa. 2012 wurde in Namibia der Vertrag zur Errichtung eines riesigen länderübergreifenden Schutzgebietes, der Kavango-Zambezi Transfrontier Conservation Area (KaZa) unterzeichnet. Es ist ein Verbund vieler bereits bestehender Schutzgebiete, und mit 450.000 qkm das zweitgrößte Schutzgebiet der Erde. Fünf Länder sind beteiligt: Namibia, Botswana, Angola, Sambia, Simbabwe. Durch Enfernung von Zäunen, Einrichtung von Schutzkorridoren und Bekämpfung der Wilderei haben viele Elefanten aus Botswana ihre traditionellen Wanderwege nach Angola und Simbabwe wieder entdeckt. Dadurch entspannt sich die Situation in Botswana etwas. Trotzdem kann die Entwicklung dahin führen, dass weitere Culling-Aktionen nötig werden.
Bildnachweise
Wolf Schröder 3
Shenton Safaris 1
bbqlanduk 1
Roger Culos 1
JackyR 1