Sonntag, 30. Dezember 2018

Erdbeerbaum


In den heißen und trockenen Sommern des Mittelmeerraums hören viele Pflanzen zu wachsen auf. In den milden und feuchten Wintern nehmen sie ihr Wachstum wieder auf, blühen und fruchten.
Die Kräuter und Sträucher der Macchia mediterranea, des immergrünen Buschwalds gehören zu diesen Sommerschläfern. Rosmarin, Lorbeer, Zistrose, Mastixbaum, immergrüne Kork- und Steineichen schützen sich außerdem vor dem Austrocknen, indem sie die Verdunstung durch filzige Behaarung herabsetzen oder Blätter und Stängel mit einer dicken Wachsschicht ummanteln. Viele von ihnen tragen Dornen und Stacheln, bilden wehrhafte Dickichte.  
Auch der Erdbeerbaum (Arbutus unedo) gehört zur Clique. Mit Erdbeeren hat er nichts zu tun. Seine knallroten runden Früchte haben ihm den wenig phantasievollen deutschen Namen eingetragen. Jetzt im Winter hat der kleine Baum (bis 12 m hoch) seine große Zeit: Die Früchte leuchten aus dem immergrünen stacheligen Blättergewusel, daneben hängen die cremeweißen, rosa und grün überhauchten Blütenglöckchen. Der Erdbeerbaum blüht von Oktober bis März, gleichzeitig reifen nach und nach die Früchte. Hummeln lieben den Erdbeerbaum und den süßen Nektar aus seinen Blüten.


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Blüht und fruchtet zugleich: der Erdbeerbaum

Die Farbe der Früchte wechselt von gelb zu leuchtend rot, sie sind kugelrund und mit kleinen Wärzchen versehen. Doch schmecken die Früchte mehlig und fad, daher stammt auch der lateinische Artname unedo, von unam edo (nur eines esse ich). Trotzdem werden sie zu Marmelade verarbeitet und als Likör angesetzt. In meiner kleinen Recherche zu diesem Artikel bekam ich eine Information aus Sardinien, nach der Kinder sich mit Früchten des corbezzolo, so sein italienischer Name, den Bauch mit mehr als unum vollschlagen (grazie, Marcello Airi). Der Name Corbezzolo könnte laut dem italienischen etymologischen Wörterbuch von corvo, dem Raben, stammen, denn diese Vögel und ihre gefiederten Kollegen tun sich gern an den Früchten gütlich, verführt von der signalroten Farbe. Mit dem Kot scheiden sie die unverdaulichen Samen aus, verbreiten sie dadurch. Der Erdbeerbaum wurde als Heilpflanze bei Nierenbeschwerden genutzt, ein Blätteraufguss wirkt diuretisch.
Von gelb zu leuchtend rot: die Früchte
Bildergebnis für corbezzolo marmellata
Unum edo? 
Der Erdbeerbaum wächst an der Atlantikküste Portugals und rings um das Mittelmeer. Aber auch im Nordwesten Irlands kommt er vor, vom regenreichen Wettter verwöhnt und von strengen Wintern verschont.

Dieses hübsche Bäumchen hat kulturgeschichtliche Spuren hinterlassen. Im Stadtwappen von Madrid lehnt ein Bär an einem Erbeerbaum, man sieht ihm an, dass er einen Gusto auf die roten Früchte hat. Auch das Vereinswappen von Atletico Madrid leitet sich ab aus dem Wappen Madrids – Bär und Baum sind da, die Erdbeerbaumbeeren sind nach der letzten heraldischen Überarbeitung des Wappens verschwunden, trotz der Proteste der Fans.
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Er will an die Früchte
 
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Im neuen Wappen von Atletico  sind die
 Erdbeerbaumfrüchte verschwunden
Grün, weiß, rot sind die Farben der italienischen Fahne. Der herbstliche Erdbeerbaum, an dem neben den grünen Blättern die roten Früchte und die weißen Blütenglöckchen prangen, wurde während des Risorgimento, der italienischen Einigungsbewegung des 19. Jahrhunderts, bald zum Symbol des 1861 entstehenden italienischen Einheitsstaates. Giovanni Pascoli, Dichter und Nobelpreisträger von 1906, schrieb eine Ode Al corbezzolo. Tatsächlich waren es  aber zwei Studenten aus Bologna, die als erste1794 die italienische Tricolore schwenkten, in einem Aufstand gegen die Obrigkeit ihrer Stadt . Ihr Vorbild war die blau-weiß-rote Fahne der französischen Revolution. Um sie nicht einfach zu kopieren, tauschten sie die blaue mit der grünen Farbe.

Bilder:
Wolf Schröder 2
Valadrem 1
Atletico Madrid 1
Jozicav 1
Az. Agr. Ibba 1

Mehr über die Macchia mediterranea in meinen Buch:
„Toskana – Wein, Kastanien, Hirten, Herren. Vom Werden der Landschaft.“
 
 

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