Sonntag, 1. März 2015

Sägezahnbanksie

 

Sägezahnbanksie

Banksia serrata

Unsere Pflanze des Monats kommt aus Australien. Für europäische Augen hat sie wie viele Gewächse aus Down Under ein einigermaßen bizarres Aussehen. Doch zuerst wollen wir einen Blick auf ihren Namenspatron werfen, auch er ein bemerkenswertes Gewächs aus England.


Sägezahn-Banksie: Blütenstand thront über Sägezahnblättern

Botanisieren geht über Studieren

"Ich habe mir vorgenommen, mir drei Jahre an Zerstreuung zu gewähren, um ich meiner bevorzugten Tätigkeit zu widmen." So Joseph Banks (1743-1820), englischer Gentleman, reicher Privatier und einer der größten Großgrundbesitzer Englands. Die "bevorzugte Tätigkeit" Banks' war das Sammeln und Klassifizieren von Pflanzen. Als Student an der Universität Oxford sah man ihn selten in Vorlesungen, oft in Wäldern, Auen und Wiesen: Botanisieren ging über Studieren.


Sir Joseph Banks 1743-1820

1768, mit 25 Jahren, kaufte er sich mit 10.000 Pfund in die berühmte ersten Expedition James Cooks auf der Endeavour ein. Dort wollte er sich seine drei Jahre lang zerstreuen. Das war nicht einfach: Auf der 26 Meter langen Endeavour drängten sich über neunzig Seeleute. Banks kam dazu, doch war er nicht allein: Zwei Pflanzenmaler, ein Sekretär und - so viel musste einem Gentleman zugestanden werden - vier Diener kamen mit. Wichtigster Reisegefährte aber war der schwedische Botaniker Daniel Solander, wissenschaftlicher Zögling des größten seiner Zunft, Carls von Linné, dem Erfinder der binären Nomenklatur zur wissenschaftlichen Klassifizierung der Arten ("Homo sapiens"). Dem eitlen und eifersüchtigen Linné passte es gar nicht, dass Solander mit Banks ins Abenteuer zog.


Daniel Solander 1733-1782

Zwei Hauptziele hatte Cooks Expedition, die Beobachtung des Venusdurchgangs vor der Sonne von Tahiti aus und die Landung auf der Terra Australis Incognita, dem heutigen Australien. Der Durchgang der Venus vor der Sonne wurde von verschiedenen Punkten der Erde aus beobachtet; der Vergleich der Daten erlaubte präzisere Entfernungsmessungen im Planetensystem.

Manisch-obsessiver Müßiggang

1769 ankerte die Endeavour also vor Tahiti. Banks und Solander sammelten Pflanzen im Hinterland, über 300 Arten waren zuletzt wissenschaftlich klassifiziert. Die Endeavour fuhr weiter über den Pazifik und landete im April 1770 an der Ostküste Australiens, in jener Bucht, die heute noch Botany Bay heißt.


Das Original, von Joseph Banks in Botany Bay gesammelt

Nach der Ankunft waren Banks und Solander die Augen übergegangen angesichts der schrägen australischen Flora. Bäume, die ihre Rinde abwarfen und doppelt so hoch wurden wie die höchsten Bäume Englands - die Eukalypten. Blüten mit vielen leuchtendroten Griffeln, das Bottlebrush oder Flaschenbürstchen, dazu Riesenfarne, Schlingpflanzen, Orchideen. Wie euphorisiert liefen sie auf der Suche nach immer neuen Arten durch den australischen Busch. Joseph Banks, der reiche Mann, der Arbeit in klassischem Sinn nicht nötig hatte,  verwandelte sich in einen manisch-obsessiven Müßiggänger (küchenpsychologisch ausgedrückt).

Am Ende der Reise hatte Banks 3600 verschiedene Arten gesammelt, 1400 davon waren noch nicht wissenschaftlich klassifiziert und beschrieben.

Dazu gehörten auch vier Arten der Gattung Banksia, die er und Solander an der Botany Bay gesammelt hatten. Insgesamt gibt es an die 80 Banksia-Arten, die meisten davon an der Südwest- und Südostküste Australiens.



Jedes Röhrchen ist eine Blüte; zu Hunderten bilden sie den auffälligen Blütenzapfen

Im Englischen heißt unsere Pflanze Old Man Banksia wegen der struppigen trockenen Blütenstände; der deutsche Name Sägezahn-Banksie weist auf die gezähnten Blattränder hin, ebenso wie der lateinische Artname serrata.

Die Banksie ist ein knorriger Baum, bis 15 m hoch; an windigen Küsten ist sie oft nur ein niedriger Strauch. Aus dem Stamm mit der grauen Rinde tritt nach Verletzungen ein roten Rindensaft aus. Ältere Bäume weisen oft Brandwunden auf, wegen der Buschbrände im höllischen australischen Sommer. Silbergraue Blüten mit beigen Griffeln bilden die charakteristischen zylindrischen Blütenzapfen aus. Nach der Blüte entwickeln sich bis zu 30 verholzte Follikel, die ein bis zwei Samen enthalten. Abortierte verwitterte Blütenreste werden zu silbrig-haarigen Anhängen (der "Alte Mann"). Die Blätter sind bis 20 cm lang, 2 bis 4 cm breit; sie büscheln sich an den Enden der Zweige. Die Befruchtung übernehmen verschiedene Nektarvögel, wie der Weißbauch-Honigfresser, die mit ihren dünnen gebogenen Schnäbeln den Nektar aus den Blütenröhrchen schlecken.






Bin ich nicht schräg? Holzfollikel enthalten die Samen, trockene Blüten bilden den "Bart"

Die erste Sägezahnbanksie wurde am 29. April 1770 von Joseph Banks und Daniel Solander hinter Botany Bay gesammelt, doch erst im April 1782 in England zum ersten Mal wissenschaftlich beschrieben, vom "kleinen" Carl von Linné, der nach dem Tod des großen sich in Banks' Haus aufhielt und ihm das Herbar des Vaters überlassen hatte.

Nach seiner Rückkehr nach England entfaltete Joseph Banks die vielfältigsten Aktivitäten und schlüpfte in viele Rollen: Salonlöwe, Wissenschaftler, Kulturschaffender, Freund des Königs und Vorsitzender der Royal Society, der glorreichen Akademie der Wissenschaften. Nur einmal noch sollte er ein Schiff besteigen, nach Island, doch ist sein Name heute vor allem mit einer berühmten Episode in der weiteren Geschichte der Schifffahrt verbunden, in der es - natürlich - wieder um eine Pflanze ging.

Doch darüber nächstes Mal mehr!







































Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen