Dort sah ich mir in
einem der großen Glashäuser, dem Cycadeenhaus, die Palmfarne einmal näher an.
Palmfarne haben ihren Namen von den meterlangen fiedrig geteilten Blattwedeln,
die entfernt an Palm- oder Farnwedel erinnern. Doch sind Palmfarne weder Palmen
noch Farne; sie sind eng verwandt mit den Nadelbäumen. Wie diese liegen ihre
Samen direkt unter den Schuppen der Zapfen auf – solche Pflanzen nennt man
Nacktsamer. Der größte Unterschied zu den Nadelbäumen sind die großen
Blattwedel der Palmfarne. Sie wachsen aus einem –manchmal unterirdischen –
Stamm, um den herum die Basis der abgefallenen Blätter eine Art Panzerung
bilden.
Weder Palme noch Farn, trotz der Blattwedel |
Palmfarne sind uralt.
230 Millionen alte Gesteine enthalten Fossilien von Palmfarnen. Ihre große Zeit
hatten sie vor 65 Millionen Jahren, in der Kreidezeit. Dinosaurier bewegten
sich zwischen Palmfarnen fort, trampelten auf ihnen herum und fraßen die
Blätter und Früchte. Mit ihrem Kot ließen sie unverdaute Samen fallen,
verbreiteten sie. Nach dem Ende der Kreidezeit, nach dem Einschlag des Asteroiden,
der das Ende der Dinosaurier besiegelte und den Aufstieg der Säugetiere – und
der Laubbäume – einleitete, ging auch die Vorherrschaft der Palmfarne zu Ende.
Heute haben wir noch 100 Arten in 10 Gattungen dieser urtümlichen Großpflanzen.
Nachdem Dinosaurier als Samenverbreiter nicht mehr da sind, verschleppen heutzutage nur noch Opossums die Samen; Nashörnern und Elefanten scheinen kein Interesse an dieser Speise zu haben.
Verwandt mit Nadelbäumen: männliche Blüten"zapfen" |
Leckerbissen für Saurier: weiblicher Zapfen mit Samen von E.ferox |
Wir sprechen
von Nackt-"samern“ – und wo Pflanzen Samen tragen, müssen sie Blüten haben. Tatsächlich sind Palmfarne die erdgeschichtlich ältesten Blütenpflanzen. Männliche
und weibliche Blüten sitzen auf unterschiedlichen Individuen – man spricht von
Zweihäusigkeit (Diözie). Bei den männlichen Blüten sitzen Pollensäckchen unter
Schuppen, die an jene der Zapfen der Nadelbäume erinnern. Auch die weiblichen
Blüten ähneln Zapfen – unter den Schuppen dieser „Zapfen“ bilden sie die Samen
aus. Bei der
Fortpflanzung holen sie sich Hilfe von anderen:
„Käfer, schreite zur
Befruchtung“ – so oder ähnlich würden Palmfarne wohl zu den Vehikeln sprechen,
die den Pollen von den männlichen zu den weiblichen Blüten transportieren. Ja,
es sind Käfer, die bei den Palmfarnen diese edle Aufgabe übernehmen, und nicht
die Bienen, die jetzt alle retten wollen. Es waren auch diese Käfer, die die
Bestäubung von Pflanzen durch Insekten überhaupt „erfunden“ hatten, möglicherweise schon vor 175 Millionen Jahren. Zu jener Zeit hingen die Kontinente noch im Urkontinent Gondwana
aneinander. Jede Art von Cycadeen hat ihre eigene Käferart zur Bestäubung. In
Gewächshäusern sind es die Gärtner, die die Bestäubung per Hand vornehmen
müssen, da die entsprechenden Käfer nicht vorhanden sind.
In der Kreidezeit könnte es so ausgesehen haben: Käfer auf Palmfarn |
Heiß begehrt von Sammlern: E.ferox mit dornigen Blattfiedern |
Carlo Fornasini (1805-1965), ein italienischer
Botaniker; bereiste ab 1839 Mozambique und das südliche Afrika. Seine große
Pflanzenkollektion sandte er nach Bologna zu seinem Kollegen Giuseppe Bertoloni
(1804-1878), der unsere Pflanze erstmals beschrieb und ihr den
wissenschaftlichen Namen verlieh. Der Artname ferox für wild, ungezähmt, stammt
von den dornigen Blattfiedern, die sich an der Blattspindel gegenüberstehen.
E. ferox wächst in Küstennähe, auf Sand oder in
den Dünen. Auf den trocken-sandigen Böden kann sie nur gedeihen, wenn es genug regnet. Sie braucht die Feuchtigkeit, die der Indische Ozean an die Küsten Südost-Afrikas bringt. Ihr spektakuläres Aussehen - vor allem der Zapfen - macht sie zu einer ikonischen
Garten- und Parkpflanze. Kälte allerdings verträgt sie nicht, sodass sie kalte
mitteleuropäische Winter nur im Glashaus übersteht.
Mag sandige Böden, liebt feuchten Wind vom Indischen Ozean |
Cycadeen sind bei Sammlern sehr begehrt. In Südafrika hat die Entnahme aus der
Wildnis einige Arten an den Rand des Aussterbens gebracht. Sie überleben, weil
Pflanzgärten sie weiterzüchten. Doch gibt es Bestrebungen, Cycadeen in freier
Wildbahn zu erhalten: Seit 2007 gilt in Südafrika ein Moratorium für die
Entnahme wilder Cycadeen.
Angelika Schneider 2
Michael Wolf 1
NIGPAS 1
Salvatore Ingrassia 1
Dr AndreJCilliers 1