Die Rosmarinheide (Andromeda
polifolia) muss ein Model sein – so dünn das Stämmchen, so rosig das
Köpfchen. Zu essen braucht sie auch nichts, sie steht ja zwischen Torfmoosen im
Hochmoor, wo der Boden so arm, die Mineralstoffe so selten sind, dass nur
Hungerkünstler überleben.
Torfmoose haben große leere Zellen, die sich mitWasser
füllen. Das gibt ihnen eine schwammartige Struktur. Sie nehmen Mineralsalze aus
dem Wasser auf, gleichzeitig geben sie Säuren an die Umgebung ab. Sie schaffen
so eine extrem saure Umgebung – so sauer, dass auch kaum Bakterien überleben. Deshalb
werden abgestorbene Pflanzenteile nicht zersetzt – Torfmoose wachsen also auf
den Leichenbergen ihrer Vorfahren immer mehr in die Höhe. Es entstehen
Hochmoore – näher beschrieben im Kapitel über Wollgras im Eulenblick. Die Rosmarinheide überlebt in dieser Säurehölle mit
Hilfe von Pilzen an ihren Wurzeln, der sog. Mykorrhiza, die ihr hilft, doch ein
paar Mineralsalze zu erschließen.
Silbrig glänzende Blattunterseiten, aus Tormoosen wachsend |
Die Rosmarinheide, ein immergrüner Zwergstrauch, gehört zur
Familie der Erikagewächse, wie viele andere Zwergsträucher auch, zum Beispiel
Erika, Heidekraut, Preiselbeere, Moosbeere, Krähenbeere. Mit der Gewürzpflanze
Rosmarin, einem Lippenblütler, ist sie nicht näher verwandt. Doch die Blätter der
beiden Pflanzen ähneln sich – sie sind lang, schmal, spitz, oben glänzend grün,
unten mit weißen Streifen versehen. Letztere lassen die Rosmarinheide aus den
Torfmoosen hervorschimmern.
Ihre Blüten sind rosa-weiße Glöckchen, die sich zu zarten
roten Fruchtständen mit vielen winzigen Samen ausbilden.
So rosig das Köpfchen.... |
...so zart die Frucht. |
Zusammen mit den roten Moosbeeren und den zwischen grün,
braun und rot changierenden Torfmoosen bildet die Rosmarinheide gerade im
Herbst wunderschöne Ensembles, kaum fußhohe kleine Pflanzenwelten.
Kleine herbstliche Pflanzenwelten |
Karl von Linné, der schwedische Naturforscher und Entdecker
des Ordnungssystems der Organismen liebte die Pflanze, die in den
skandinavischen Mooren weit verbreitet ist. Er benannte sie nach Andromeda, der
Prinzessin aus der griechischen Mythologie, Tochter der Kassiopeia und Frau
Perseus‘; nach anderer Lesart dachte Linné an das Sternbild der Andromeda, das
am Nordhimmel die Gegenden überspannt, in denen die Rosmarinheide wächst.
Die Rosmarinheide ist stark giftig. Sie enthält
Andromedotoxin und verschiedene Glykoside. Aus Österreich sind einige – nicht
tödliche – Fälle von Vergiftungen mit Honig bekannt, die Pollen von
Rosmarinheide enthielten.
Ein alter deutscher Name für die Rosmarinheide ist
„Polei-Gränke“. Polei scheint aus dem Slawischen zu kommen von „polje“ für Feld
– hier wohl für die offenen Moorflächen, wo die Gränke wächst. Die Bedeutung
des Wortes „Gränke“ konnte ich nicht herausfinden. Vielleicht kommen ja Ideen
aus der werten Leserschaft.
Abb.:
Angelika Schneider 3
Hajatthu 1