Tulpen
Tulipa
....Tulpen vor Wien
Tulpen sind die
ersten Schnittblumen der Saison. Die unweigerliche Assoziation dazu sind die
neuzeitlichen bonbonfarbenen„Triumph“- Tulpen aus der holländischen
Massenproduktion.
Seit Jahrhunderten sind die Niederlande mit der Tulpe
verbunden. Dort züchtete man Hunderte verschiedener Sorten, dort löste der
Tulpenwahn die erste Spekulationsblase der Geschichte aus, dort liegen die
quietschbunten Tulpenfelder.
Die Tulpe ist ein Geschöpf des Orients – von persischen
Gärten ausgehend wanderte sie aus in die Türkei und von dort nach Europa. Ogier
Ghislain de Busbeqb, Österreichischer Gesandter des Kaisers bei Suleyman dem
Prächtigen, brachte 1554 die ersten Tulpen nach Wien.
Wilde Tulpen wachsen in über 100 Arten vor allem in
Südosteuropa und Nordafrika. Hotspots sind die Türkei, der Kaukasus, aber auch
Afghanistan. Die Zuchttulpe wurde im Lauf von Jahrhunderten aus mehreren wilden
Tulpen gewonnen.
Im botanischen Garten München kann man verschiedene frühblühende wilde Tulpen bewundern. Sie sind kleiner und zarter als Zuchttulpen; Betrachter reagieren entzückt.
Die einzige wilde Tulpe Mitteleuropas, die Waldtulpe (Tulipa sylvestris), wächst an warmen Standorten, zum Beispiel in Weinbergen oder Trockenrasen. Möglicherweise brachten sie die Römer mit oder sie kam aus Andalusien, wohin die Mauren sie aus Nordafrika eingeführt hatten.
Erst von Wien aus gelangte die Tulpe nach Holland. Carolus Clusius brachte Zwiebeln aus dem Kaiserlichen Botanischen Garten Wien nach Leiden. Die Tulpen weckten Begehrlichkeiten bei den Niederländern. Sie „säten“ sie in allen ihre 17 Provinzen aus. Doch ist die Vermehrung von Tulpen aus Samen schwierig: Tulpensamen treiben erst nach sieben Jahren aus und die Tochtertulpen ähneln den Eltern nicht. Bei Tulpen haben wir es, ähnlich wie beim Apfel, mit Heterogamie zu tun – einer riesigen, nicht vorhersehbaren genetischen Variabilität. Die Vermehrung der Zuchttulpen verläuft über Tochterzwiebeln, die sich unterirdisch an den Tulpenzwiebeln bilden. Trotzdem waren die wilden Tulpenmischungen, die sie in ihren Beeten hatten, der ganze Stolz der Holländer.
Im botanischen Garten München kann man verschiedene frühblühende wilde Tulpen bewundern. Sie sind kleiner und zarter als Zuchttulpen; Betrachter reagieren entzückt.
Die wilde Felsentulpe, Tulipa saxatilis |
Die einzige wilde Tulpe Mitteleuropas, die Waldtulpe (Tulipa sylvestris), wächst an warmen Standorten, zum Beispiel in Weinbergen oder Trockenrasen. Möglicherweise brachten sie die Römer mit oder sie kam aus Andalusien, wohin die Mauren sie aus Nordafrika eingeführt hatten.
Einzige wilde Tulpe Mitteleuropas: die Waldtulpe |
Erst von Wien aus gelangte die Tulpe nach Holland. Carolus Clusius brachte Zwiebeln aus dem Kaiserlichen Botanischen Garten Wien nach Leiden. Die Tulpen weckten Begehrlichkeiten bei den Niederländern. Sie „säten“ sie in allen ihre 17 Provinzen aus. Doch ist die Vermehrung von Tulpen aus Samen schwierig: Tulpensamen treiben erst nach sieben Jahren aus und die Tochtertulpen ähneln den Eltern nicht. Bei Tulpen haben wir es, ähnlich wie beim Apfel, mit Heterogamie zu tun – einer riesigen, nicht vorhersehbaren genetischen Variabilität. Die Vermehrung der Zuchttulpen verläuft über Tochterzwiebeln, die sich unterirdisch an den Tulpenzwiebeln bilden. Trotzdem waren die wilden Tulpenmischungen, die sie in ihren Beeten hatten, der ganze Stolz der Holländer.
Der Tulpen bitterer Duft
Im 17. Jahrhundert waren die Niederlande die reichste Nation
Europas. Im Goldenen Zeitalter ab etwa 1630 kontrollierten sie die Hälfte des
Welthandels über ihre Kolonien – beherrscht von den mächtigen
Niederländischen Handelskompanien. Die größte unter ihnen, die
Ostindisch-Niederländische Handelskompanie, ein Staat im Staate, baute vor
allem in Java, Indonesien und Ceylon Gewürzmonopole auf Pfeffer und andere
Gewürze auf. Die holländischen Händler und Reeder, die „Pfeffersäcke“ bauten sich ihre prächtigen
Stadthäuser an den Grachten von Amsterdam. Sie zeigen ihren Reichtum ohne Scheu
– nach der calvinistischen Prädestinationslehre war Reichtum auf Erden Anlass für Hoffnung auf das Paradies, ein Zeichen göttlicher Bevorzugung.
Ansonsten aber verbot das strenge calvinistische Überich alles, was
nach Überflüssigem und Eitlem, nach Glamour und Bling-Bling aussah. Passte die
Tulpe hier nicht gut dazu?
Zbignew Herbert schreibt in seinem Roman „Der Tulpen
bitterer Duft“: „Die Tulpe lässt sich bewundern, sie weckt aber keine heftigen
Gefühle“. Regelmäßige Drei- und Zweizähligkeit – sechs Blütenblätter, sechs
Staubbeutel, dreizählige Narbe, dreiteiliger Fruchtknoten, zwei oder vier Blätter
– nüchtern kommt die Tulpe daher, kühl, distanziert. Leidenschaft lässt sie
nicht entstehen – sie fügte sich gut in die disziplinierte, verklemmte Welt des
holländischen Calvinismus. Die alten Griechen hätten Tulpen (und den
Calvinismus) der apollinischen Sphäre zugeschlagen – der Welt des Maßes, der
Nüchterheit, der Ordnung.
Dionysos übernimmt die Macht
1634 aber übernahm Dionysos, der leidenschaftliche,
verrückte, trunkene Gegenspieler Apollons das Zepter und ließ die Holländer für
Jahre in eine Raserei verfallen, die viele von ihnen in den Ruin trieb und die als
die erste Spekulationsblase in die Wirtschaftsgeschichte eingehen sollte.
Lange Zeit hatten Tulpenliebhaber in den Niederlanden
Zwiebeln nur getauscht. Die Reputation einer Blüte hing ab von ihrer Seltenheit
und Schönheit. Begehrte Zwiebeln verschwanden auch gern aus den Gärten. So beklagte
Clusius den Diebstahl von über 100 Zwiebeln aus seinem botanischen Garten in
Leiden.
Bizarr verlängerte, nadelspitz zulaufende Blütenblätter – sie standen symbolisch für den türkischen Dolch – waren besonders groß in Mode. Die Blüten waren geflammt, gestrichelt, gesprenkelt, gestreift. Nach Jahrzehnten der quietschbunten Tulpen sieht man bei uns auf den Märkten wieder manche solcher „gebrochenen“ Blüten. Das „Brechen“, die Musterung, ging auf eine Infektion der Zwiebel (und ihrer Tochterzwiebeln) mit dem Tulpenmosaikvirus zurück. Erst im 20. Jahrhundert kam man dem Virus auf die Schliche. In den 1630 Jahren wurden in den Niederlanden über 800 Tulpensorten in dicken Katalogen aufgelistet. Diese Mannigfaltigkeit ist heute verloren, Tulpensorten sind nicht leicht zu bewahren, besonders nicht gebrochene Sorten, deren Brutzwiebeln vom Virus geschwächt werden.
Aus einem Tulpenkatalog |
Bizarr verlängerte, nadelspitz zulaufende Blütenblätter – sie standen symbolisch für den türkischen Dolch – waren besonders groß in Mode. Die Blüten waren geflammt, gestrichelt, gesprenkelt, gestreift. Nach Jahrzehnten der quietschbunten Tulpen sieht man bei uns auf den Märkten wieder manche solcher „gebrochenen“ Blüten. Das „Brechen“, die Musterung, ging auf eine Infektion der Zwiebel (und ihrer Tochterzwiebeln) mit dem Tulpenmosaikvirus zurück. Erst im 20. Jahrhundert kam man dem Virus auf die Schliche. In den 1630 Jahren wurden in den Niederlanden über 800 Tulpensorten in dicken Katalogen aufgelistet. Diese Mannigfaltigkeit ist heute verloren, Tulpensorten sind nicht leicht zu bewahren, besonders nicht gebrochene Sorten, deren Brutzwiebeln vom Virus geschwächt werden.
Die weiß-purpurne „Semper Augustus“(Immer erhaben) wurde 1634
zur größten Gefahr für die geistige Gesundheit der holländischen Tulpenzüchter.
Ihre apollinische Kühle war kombiniert mit dem dionysisch emporzüngelnden, purpurfarbenen,
eigenwilligen Muster, das fast über den Blütenrand hinaus schlug. Die Semper
Augustus nun trieb die vernunftgeleiteten Calvinisten vollkommen in die
orientalische Entgrenzung. Sie war die teuerste Tulpe der Welt: 10.000 Gulden
für eine einzige Zwiebel zahlte man auf dem Höhepunkt der „Tulpenmanie“!
Schon vor den Dreißiger Jahren waren Tulpen nicht nur getauscht worden, sondern auch gehandelt. Ab 1630 begannen die Preise zu steigen, langsam zuerst, dann immer schneller. Bald handelte man mit Zwiebeln, die noch in der Erde waren. Die Bezahlung der Tulpenzwiebeln (oder auch nur von Anteilen davon) war bei der Ernte fällig, beim „Roden“ nach der Blüte. Heute würde man so etwas ein Termingeschäft nennen. Die Tulpen waren Spekulationsobjekte geworden –Spekulanten kauften sie nicht mehr zur Zucht und zum Auspflanzen, sondern spekulierten auf steigende Preise. Man hoffte, die gekauften Tulpen (oder die virtuellen, auf coopcedulle, Gutscheinen,vermerkten Anteile einer Zwiebel), zu einem noch höheren Preis zu verkaufen. Der Handel fand nicht an der Börse, sondern in Herbergen und Schänken statt. Die Manie hielt so lange an, als ein Verkäufer einen Käufer fand, der einen höheren Preis zu zahlen bereit war, weil er seinerseits hoffte, noch noch teurer verkaufen zu können.
Nebenwirkung Massenwahn: die Semper Augustus |
Schon vor den Dreißiger Jahren waren Tulpen nicht nur getauscht worden, sondern auch gehandelt. Ab 1630 begannen die Preise zu steigen, langsam zuerst, dann immer schneller. Bald handelte man mit Zwiebeln, die noch in der Erde waren. Die Bezahlung der Tulpenzwiebeln (oder auch nur von Anteilen davon) war bei der Ernte fällig, beim „Roden“ nach der Blüte. Heute würde man so etwas ein Termingeschäft nennen. Die Tulpen waren Spekulationsobjekte geworden –Spekulanten kauften sie nicht mehr zur Zucht und zum Auspflanzen, sondern spekulierten auf steigende Preise. Man hoffte, die gekauften Tulpen (oder die virtuellen, auf coopcedulle, Gutscheinen,vermerkten Anteile einer Zwiebel), zu einem noch höheren Preis zu verkaufen. Der Handel fand nicht an der Börse, sondern in Herbergen und Schänken statt. Die Manie hielt so lange an, als ein Verkäufer einen Käufer fand, der einen höheren Preis zu zahlen bereit war, weil er seinerseits hoffte, noch noch teurer verkaufen zu können.
Ein riskantes Geschäft – niemand wusste, wie die Zwiebeln
bei der Ernte aussehen würden und zu welchem Preis man sie weiterverkaufen
konnte. Doch die Preise stiegen und stiegen, die Spekulationsblase levitierte,
Reiche und Arme verpfändeten ihr Hab und Gut, verfielen dem Massenwahn. Der
Höhepunkt erfolgte Anfang 1637 – drei Zwiebeln einer Semper Augustus wurden für
30.000 Gulden verkauft. Ein Pracht-Stadthaus an der teuersten Grachtenlage in
Amsterdam war für 10.000 Gulden zu haben.
Am 5. Februar 1637 waren bei einer Versteigerung in Alkmaar
99 Posten Zwiebeln zu 90.000 Gulden verkauft worden. Doch schon zwei Tage vorher
hatte ein Händler erstmals für einen verlangten Preis keinen Abnehmer mehr
gefunden. Nun brachen die Preise in sich zusammen, innerhalb von Wochen fielen
sie um 90 %. Nun merkten all die Händler, dass sie nicht ein Versprechen auf
künftigen Wohlstand in der Hand hielten, sondern eine verderbliche, müffelnde
Zwiebel. Der Müller, der seine Mühle für eine Tulpenzwiebel verpfändet hatte,
war ruiniert, genauso wie der Pfeffersack aus Amsterdam, der Haus und Geschäft
für eine Zwiebel eingetauscht hatte. So fühlte sich der Gastgeber, dessen Gast
eine Tulpenzwiebel für Gemüse gehalten und aufgegessen hatte (1.500 Gulden),
wahrscheinlich nicht mehr als der einzige Idiot im Lande.
Versteigerungszettel von Alkmaar |