Dienstag, 19. Juni 2012

Englisches Raygras Wiesen-Rispengras

Pflanzen des Monats Juni

Englisches Raygras
Lolium perenne

Wiesen-Rispengras
Poa pratensis

Anpfiff: Der englische Rasen

Trampeln und treten auf Lolch und Weidelgras





















Aus aktuellem Anlass handelt der Eulenblick vom Rasen. Der Rasen konnte nur in einem feuchten und milden Klima entstehen, wie es für England typisch ist. Der Rasen der modernen bürgerlichen Einfamilienhäuser ist denn auch über England zu uns gekommen. Ein mitteleuropäischer Garten früherer Zeiten kannte keine unproduktiven Flächen - genausowenig wie Leute, die nicht dem Adel angehörten, so etwas wie "Freizeit" kannten, die sie in die Lage versetzt hätte, auf einem Rasen zu sitzen und den Nachmittag zu genießen. Der Garten Mitteleuropas hatte den Klosterplan von St. Gallen zum Vorbild oder das alte Capitulare de Villis von Karl dem Großen, die Gemüse-, Kräuter-, Blumen- und  (Obst-) Baumgarten genau beschrieben.

Großbritannien ist auch das Mutterland des Sportrasens: Fußball, Tennis und Cricket kommen von der Insel.

Erste Halbzeit: Gräser

Gräser sind Gräser, alles andere sind Kräuter. Der Blick des Laien ist botanisch zutreffend - die große Gruppe der Grasartigen unterscheidet sich von den bunten Blumen. Auch was Gräser auszeichnet, wissen die Leute: Ein Gras hat einen schlanken Halm, ein schmales Blatt und eine unscheinbare Blüte.

Botanisch teilen sich die Gräser in drei Familien:
Echte Gräser oder Süßgräser
Ried- oder Sauergräser
Binsengewächse

Unsere beiden Monatsgräser gehören zu den Echten Gräsern. Sie sind die Hauptbestandteile der Gräsermischung im Fußballrasen.

Das Englische Raygras, auch Lolch genannt, bildet lockere Horste am Boden, die aus vielen sterilen, also nicht blühenden, Halmen bestehen. Diese Fähigkeit macht es gegen die Tritte der Fußballer besonders unempfindlich. Das Raygras ist leicht an seinen glänzenden Blättern zu erkennen. Die nicht sterilen Halme bilden Ähren mit Ährchen aus, die dicht am Stängel sitzen und diesem ihre Schmalseite zuweisen. Das ist ein typisches Erkennungsmerkmal des Raygrases. Dieses Gras nimmt auch oftmalige Mahd nicht übel. Es ist das beste Futtergras, Heu aus Raygras ist sehr hochwertig. Das Raygras liebt mildes feuchtes Klima. Ursprünglich kommt dieses Gras aus Europa und Westasien; heute ist es über die ganze Welt verbreitet.

Ährchen zeigen mit der Schmalseite zum Halm
Glänzendes Raygras




































































Das Wiesen-Rispengras oder Weidelgras hat eine graugrüne bis braungrüne Farbe. Auch es bildet sterile, bis 80 cm hohe Halme aus kriechenden Ausläufern. Das Weidelgras ist leicht an der charakteristischen Rispe zu erkennen, die sich in der Blütezeit pyramidenförmig ausbreitet. Das Weidelgras ist mit feuchten und trockenen Böden zufrieden, es breitet sich über kahlen Stellen aus. Das macht es für Fußballrasen besonders geeignet.

Unverkennbar: die Rispe des Wiesen-Rispengrases




































Zweite Halbzeit: der Fußballrasen


Fußballrasen werden heute von Rasenzüchtern auf großen Flächen angebaut, gedüngt, gegossen, gepflegt und 2 bis 4 Mal pro Woche gemäht. Nach 18 bis 20 Monaten ist die Grabnarbe fertig. Sie wird in wenigen Zentimeter dicken Platten abgetragen, die in großen Rollen auf den Platz transportiert und dort verlegt werden. 13 Quadratmeter Rasenfläche wiegen eine Tonne; für ein Fußballfeld braucht es 470 Rollen. So ein Fußballrasen ist also nicht billig.

Schlusspfiff: Menschen und Gräser

Unscheinbar mögen sie ja sein - und trotzdem haben sie es in sich: ohne Gräser müsste die Menschheit verhungern. Weizen, Gerste, Hafer, Roggen, aber auch Reis, Mais und Zuckerrohr - die wichtigsten Nahrungsquellen der Menschheit sind Gräser. Ihre Domestikation durch den Menschen begann vor 10.000 Jahren und leitete die sog. "neolithische Revolution" ein, den Übergang vom Jagen und Sammeln zur Landwirtschaft.