Petasites hybridus
….Der alte Winter, in seiner Schwäche,
Zog sich in rauhe Berge zurück.
Von dort her sendet er, fliehend, nur
Ohnmächtige Schauer körnigen Eises
In Streifen über die grünende Flur.
Aber die Sonne duldet kein Weißes,
Überall regt sich Bildung und Streben,
Alles will sie mit Farben beleben*…..
…und das macht sie zuerst mit Frühblühern wie Hundsveilchen, Buschwindröschen und Huflattich. Frühblüher erscheinen gleich nach der Schneeschmelze im Wald, im Februar oder März, bevor die Bäume ihre Blätter bilden und den Waldboden verdunkeln. Frühblüher blühen, bevor sie Blätter bilden. Die Nährstoffe dazu haben sie schon im letzten Herbst auf Halde gelegt und in Knollen und Zwiebeln gebunkert. Im Frühling, wenn es schnell gehen muss mit Blühen und Fruchten, können die Pflanzen nicht darauf warten, bis ihre Blätter austreiben und Nährstoffe zur Verfügung stellen.
Blüte vor Blatt: die Pestwurz
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Ein Frühblüher, den man gerne übersieht, ist unsere Pflanze des Monats April, die Gewöhnliche Pestwurz. Doch hat sie’s auch in sich: von allen europäischen Pflanzen, bildet sie die größten Blätter aus!
Zunächst aber treiben aus den dicken unterirdischen Rhizomen, die keine Wurzeln, sondern in die Erde verlegte Stängel sind, die unscheinbaren lila-weißen Blütenstände, die bis zu 40 cm hoch werden. Sie tragen viele Blütenköpfchen, die getrennt-geschlechtlich sind; es gibt also männliche und weibliche, aber keine zwittrigen Blüten. Die Pestwurz wird von Bienen bestäubt, ihre Samen vom Wind verbreitet.
Von Bienen bestäubt, vom Wind verbreitet
Europarekord: das Blatt der Gewöhnlichen Pestwurz |
Große Blätter sind ein Hinweis darauf, dass Pflanzen auf nährstoffreichen - besonders stickstoffreichen - Böden wachsen. Die Standorte der Pestwurz sind denn auch feuchte, nährstoffreiche Bachufer oder Erlen- und Weidengebüsche. Wenn die Pestwurz ausgewachsen ist, kann sie auch das letzte Licht, das durch die Baumkronen auf ihr schattiges Plätzchen fällt, zur Photosynthese nutzen.
Fetter Standort an nährstoffreichen Bächen
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Der Name der Pestwurz stammt aus dem Mittelalter, als man während der großen Pestepidemien verzweifelt Mittel gegen die Schrecken des Schwarze Todes suchte - und keine fand, denn leider hilft unsere Pestwurz gegen Pest ungefähr so gut wie Bachblüten oder Homöopathie (kleine Lästerei).
Auf den Almen der Alpen reiht sich die der Gewöhnlichen Pestwurz sehr ähnliche Weiße Pestwurz (Petasites albus) in die Reihe der "Scheißblätschn" ein, den Pflanzen der sogenannten Lägerflur, die dort wachsen, wo das Vieh den Boden mit Nährstoffen anreichert, zum Beispiel neben Ställen, in Pferchen und an Ruheplätzen.
*Goethe, Faust, Vor dem Tor
Fotos: Wikipedia (3), kippenjungle.ne (1)