Montag, 18. April 2011

Netzblatt-Schwertlilie


Eulenblick sucht den Superstar

Das schönste Bleameal auf der Welt,das ist das Edlweiß / |: es blüaht vasteckt auf steiler Höh ganz zwischen Schnee und Eis. :|

So weiß es der Volksmund. Doch wenn unsere Blume des Monats blüht, kann man schon ins Grübeln kommen, welches nun wirklich das schönste Bleamal oder Bleamerl (oder Bliaml, sorry Südtirol) auf der Welt ist.

Zeitig im Frühjahr, wenn man das erste Blühen nicht erwarten kann, ist für mich der erste von vielen Besuchen des Jahres im Botanischen Garten München angesagt. Im Gebirgspflanzen-Gewächshaus, von Ernst von Siemens gestiftet, haben die Gärtner die schönsten wilden Gebirgspflanzen aus aller Welt zur Blüte gebracht: winzige wilde Tulpen aus den asiatischen Gebirgen, die verschiedensten Primeln, Steinbreche und Enziane. Im Frühlingsgarten in der Nähe blühen vor allem frühblühende Sträucher wie die Zaubernuss; Narzissen, Krokus und Schneeglöckchen. Auch im berühmten Alpinum, einem Minigebirge, in dem Gebirgspflanzen aus der ganzen Welt gezogen werden, blühen die Frühlingsblumen.

An allen drei Orten begegnet man der

Netzblatt - Schwertlilie (Iris reticulata),







einem Bliamal, das für mich in die Endausscheidung von "Eulenblick  sucht den Superstar" kommt! Man stelle sich vor, man wandert im zeitigen Frühjahr in 2700 m Höhe durch die steinigen Gebirge Ostanatoliens, des Nord - Irak oder Nord - Iran. Der Weg biegt um die Ecke und man steht vor dieser Blume! Die Netzbaltt-Schwertlilie wir nur 7 bis 10 cm hoch, die Blüten sind sehr groß im Verhätltnis zur Höhe der ganzen Pflanze; nur die dünnen Blätter wachsen im Sommer bis auf 30 cm. Die spektakulären violetten Blüten weisen die gelb gestreifte Zunge auf, die bestäubenden Insekten (Bienen, Hummeln) als Landebahn zu den Fortpflanzungsorganen dienen. Ihren etwas komplizierten Namen hat die Lilie von den geäderten äußeren Hüllblättern der unterirdischen Zwiebeln.


Nachdenken über Regenwürmer

Als minderbegabter Naturbeobachter habe ich bis heute nicht ergründet, was um Himmels Willes Charles Darwin auch nach jahrzehntelanger Beobachtung von Regenwürmern immer noch Spannendes an ihnen finden konnte. Auch die Meditation über Seepocken (die kleinen "Muscheln", die in großen Kolonien auf Felsen in der Brandungszone des Meeres aufsitzen) über Jahre ist für mich nicht vorstellbar. Charles Darwin hat über beide Themen Abhandlungen geschrieben. Wir Heutigen, die wir von seinen Erkenntnissen profitieren, müssen aber dankbar sein, dass er seine Leidenschaft auf Regenwürmer und nicht etwa auf die Fuchsjagd oder das Kartenspiel gerichtet hatte.

Darwin war bekanntlich der erste, der die Veränderung von Tier- und Pflanzenarten über die Generationen in seinem großen Werk Die Entstehung der Arten (1759) erschöpfend beschrieb. Die Brisanz seiner Behauptung, dass die Organismen, denen wir heute begegnen, nicht jene sind, die Gott "im Anfang" gemacht hat, war ihm wohl bewusst. Er nähert sich seinem Thema deshalb auf Katzenpfoten, äußerst vorsichtig. Einer der Umwege, den er machte, war jener über das Thema der Züchtung von domestizierten Pflanzen und Tieren.

Darwin beschreibt im 1. Kapitel wie z.B. Rinderzüchter mit geschultem Auge immer jene Kühe und Stiere weiterzüchten, die die erwünschten Eigenschaften aufweisen, meist gesteigertes Muskelwachstum oder ergiebige Milchproduktion. Und wenn über viele Generationen immer wieder bestimmte erwünschte Eigenschaften weitergezüchtet werden, entwickeln sich aus dem ursprünglichen Organismus verschiedene Rassen oder "Varietäten", wie Darwin es nannte. Er betonte vor allem, dass die verschiedensten Haustierrassen von einem gemeinsamen Vorfahren hervorgegangen sein mussten und bekämpfte den Einwand mancher Konservativer, dass jede  dieser Rassen von einem - mittlerweile ausgestorbenen - eigenen Urahn abstammen sollte. Er polemisiert: Die Lehre von der Abstammung unserer verschiedenen Haustierrassen von verschiedenen wilden Stammformen ist von einigen Schriftstellern bis zu einem abgeschmackten Extrem getrieben worden.......Hiernach müsste es wenigstens zwanzig wilde Rinder-, ebenso viele Schaf- und mehrere Ziegenarten allein in Europa und mehrere selbst schon innerhalb Großbritanniens gegeben haben...

Darwin hielt sich ...fast alle englischen Hühnerrassen...und studierte besonders die verschiedenen Varietäten der Haustaube.....Ich habe alle Rassen gehalten, die ich mir kaufen oder sonst verschaffen konnte, und bin auf die freundlichste Weise mit Bälgen aus verschiedenen Weltgegenden bedacht worden.....Ich habe mich in zwei Londoner Taubenclubs aufnehmen lassen....Wie groß nun aber die Verschiedenheit zwischen den Taubenrassen sein mag, so bin ich doch überzeugt, dass die gewöhnliche Meinung der Naturforscher, dass alle von der Felstaube (Columba livia) abstammen, richtig ist....Nur beim Hund konzediert er mehrere wilde Vorfahren; die enge Verwandtschaft von dänischer Dogge und Chihuahua konnte er sich nicht vorstellen. Diesen Fehler machte aber auch noch Konrad Lorenz, der im Schakal den Vorfahren einiger Hunderassen sah. Durch die modernen zellgenetischen Verfahren heute wissen wir, dass tatsächlich alle Hunde vom Wolf abstammen.

Über die postulierte genetische Veränderlichkeit der Vorfahren unserer Nutztiere - und Pflanzen tastete sich Darwin langsam an das heiße Eisen heran, dass nämlich die Natur selbst, ohne Zutun des Menschen, auch solche Varietäten, wenn auch viel langsamer, hervorbringen sollte. So vorsichtig drückte er sich aus, dass bei der ersten Vorstellung seiner Erkenntnisse vor der Royal Society keiner der gelehrten Zuhörer die Brisanz seiner Behauptung erkannte. Werden nicht jene Naturforscher....doch annehmen, dass viele von unseren Haustierrassen von gleichen Eltern abstammen - werden sie nicht vorsichtig sein lernen, wenn sie die Annahme verlachen, dass Arten im Naturzustand in gerader Linie von anderen Arten abstammen?

Außer den Tier- und Pflanzenzüchtern, den Bauern, waren es vor allem die Gärtner, die seit Jahrtausenden immer wieder neue "Varietäten" von Zierpflanzen hervorbrachten. Die Gärtner arbeiten dabei mit allen Tricks, denn außer der geschlechtlichen Fortpflanzung über Samen gibt es bei Pflanzen viele Formen der ungeschlechtlichen Fortpflanzung, z.B. über Sprossung, Pfropfen, oder "Zwiebeln" in Blattachseln, wie zum Beispiel bei den Irisarten. Natürlich blieb unsere Netzblatt-Schwertlilie nicht lange unentdeckt. Schon lange wird sie gezüchtet. Es sind über ein Dutzend Sorten bekannt, meist mit Blüten unterschiedlicher Blau- und Violettfärbung. In München habe ich vier solcher Zuchtsorten gefunden, eine schöner als die andere. Doch während bei anderen Pflanzen die Zuchtformen die Wildform oft an Farben- und Blütenpracht übertreffen, fällt es schwer, bei unserer Iris reticulata zu entscheiden, was schöner ist, die Wildpflanze oder die Zierformen. Entscheidet selbst, hier sind sie:


    Harmony:








Clairette:





Joyce:



Violet beauty


alle Fotos: Angelika Schneider