Haselnuss Corylus avellana
Die Nachtigall schlagt auf kein' Tannenbaum
Sie schlagt in der Haselnussstaud'n
Aus einem Volkslied
aus den Tafeln von G. Hempel und K. Wilhelm
Für Allergiker, die auf Frühblüher wie Birke, Erle und Hasel reagieren, beginnt langsam die Leidenszeit. Die böse Birke gibt noch Ruhe, die Hasel aber legt schon los: an Waldrändern und in Gärten blühen die männlichen Kätzchen und lassen den gelben Pollen fliegen.
Schnief: der Pollen der männlichen Kätzchen macht Allergikern zu schaffen.
Die Haselnuss blüht lange, bevor die Blätter austreiben. Männliche und weibliche Blüten sind nicht in einer Blüte vereinigt, man spricht von zweihäusigen Blüten. Sie wachsen aber auf dem selben Strauch, deshalb ist die Haselnuss eine einhäusige Pflanze. Die weiblichen Blüten sind sehr unscheinbar; sie schauen bei oberflächlicher Betrachtung wie Knospen aus. Es ragen aber die wenige Millimeter langen roten Narben heraus, an denen der Pollen haftenbleibt . An ihrer Basis reifen bis zum Herbst - oft paarweise - die Haselnüsse heran. Sie sind von einer Blätterhaube gekrönt, daher kommtder wissenschaftliche Name der Haselnuss: Corylus kommt aus dem Griechischen Kerys, Helm. Avellana geht zurück auf die süditalienische Stadt Avellino, eine Hochburg des Haselnussanbaus seit den Zeiten der Römer.
Die Haselnuss ist ein Strauch. Was unterscheidet eigentlich Strauch und Baum? Bäume verzweigen sich einige Meter hoch über dem Boden, bei den Sträuchern treiben die Äste aus Knospen knapp über dem Boden aus. Viele Bäume, vor allem Laubbäume, kommen in Baum- und Strauchform vor. Die Äste der Haselnuss wachsen gerade empor, aus ihnen werden im manchen Alpengegenden die bekannten Bergstecken geschnitten. Dabei wird der noch lebende Zweig "geringelt", wächst noch ein Jahr weiter und bildet das rund um den Stecken verlaufende Narbengewebe aus. Das schmückt und erleichtert die Handhabung. Die Hasel wird bis 10 (15) m hoch und höchstens 60 bis 70 Jahre alt.
Lebend eingeschnitten, ein Jahr weitergewachsen: der geringelte Bergstecken.
Die Blätter des Haselstrauches sind bis 15 cm lang, an der Basis herzförmig, mit deutlicher Blattspitze und doppelt gezähnten Blatträndern. Behaart und dunkelgrün ist die Oberseite, hellgrau und noch mehr behaart die Unterseite.
Die Haselnuss ist heute in ganz Europa verbreitet, auch in Kleinasien und Nordafrika. Ihre große Zeit erlebte sie vor 9.000 Jahren, in einer frühen Warmzeit nach dem Ende der Eiszeit. Der Golfstrom schuf ein ozeanisch getöntes mildes Klima. Die Haselnuss breitete sich vor allem in Westeuropa aus, in einer für Botaniker erstaunlichen Geschwindigkeit. Haselbüsche sind außerhalb der Vegetationszeit sehr kälteresistent, ja, sie brauchen, um blühen zu können, um die 600 Stunden mit Temperaturen von unter 7 Grad Celsius. Dieses Phänomen nennt sich Hibernation. In der Vegetationsperiode, wenn die Blätter da sind, braucht die Hasel Wärme. Die nacheiszeitliche Wärmeperiode führte dazu, dass sich die Haselnuss auf Kosten anderer Bäume ausbreiten konnte, gegen Fichten und Birken etwa. Die "explosionsartige" (Hansjörg Küster*) Ausbreitung der Hasel ist mit natürlichen Mitteln allein aber nicht gut zu erklären. Die Samen der Hasel, die Haselnüsse, sind groß und schwer, sie fliegen nicht weit. Sie werden von Vögeln wie Eichelhähern verbreitet, oder von Mäusen oder Bilchen. Unter natürlichen Bedingungen verbreitet sich die Haselnuss deshalb nicht sehr rasch. Fachleute nehmen an, dass an der nacheiszeitlichen Ausbreitung schon der nomadisierende Mensch der mittleren Steinzeit beteiligt gewesen sein, der essbare Haselnüsse mit sich führte und sie absichtlich (?) aussamte. Die Haselnuss wäre somit eine der ältesten Kulturpflanzen überhaupt.
In Deutschland wurden Haselnüsse vor allem seit dem Mittelalter angebaut und gezüchtet. In manchen Gegenden kannte man ein Dutzend oder mehr Sorten von Haselnüssen. Heute gibt es einen solchen Anbau kaum noch, die alten Sorten verwildern, das Wissen um sie geht verloren. Der größte Haselnussproduzent ist heute die Türkei, sie exportiert Haselnüsse in alle Welt.
Sexy Nüsse
Tja, man muss darüber reden: die paarweise am Strauch hängenden Haselnüsse erinnern an…. genau! Außer den Nüssen gibt es noch die gerade empor wachsenden Äste. Sie erinnern an…...eben! Auch die nahrhaften Früchte und die frühe Blüte im Frühling ließen die Haselnuss zu einem bedeutenden Fruchtbarkeitssymbol in der Volkskultur werden. An Volksliedern kennt man vor allem das arme Schwarzbraun ist die Haselnuss, das ein - unverdientes - Image als Marschlied der Nazis hat. Die schwarzbraune Haselnuss ist viel älter und wurde ursprünglich von den fortschrittlichen Wandervögeln gesungen. Das Lied von der Nachtigall in der Haselnussstaud'n vereinigt die im Frühling, der Zeit der Fortpflanzung, singende Nachtigall mit den sexuellen Konnotationen des Haselbusches.
*Hansjörg Küster: Geschichte des Waldes. Von der Urzeit bis zur Gegenwart.München 1998
Fotos: Wolf Schröder (2)