2. Oktober 2010
Die drei Brüder A.
Im Monat Oktober schauen wir uns die drei Brüder A. näher an. Sie gehören einer weitverzweigten Sippe an und manche ihrer Mitglieder sind echte Promis, wie zum Beispiel der Kanadische Zucker - A., von dem heute aber nicht die Rede sein soll.
Der große Bruder
ist der Bergahorn (Acer pseudoplatanus). Mit seiner grau-rötlichen Rinde und den gelappten Blättern ist er unverkennbar. Er wächst rasch empor und kann bis 40 m hoch werden. Stattlichen Bergahornen begegnet man im feucht-kühlen Klima der Bergmischwälder der Alpen, doch steigt der Baum in den Nordalpen auch über die Waldgrenze, bis auf 1600 - 1800 m. Mancherorts ragen Bergahorne aus jüngeren Fichtenbeständen heraus und geben Zeugnis davon, dass sie aus einer früheren, älteren Waldgeneration stammen. Die alten Ahorne wurden geschont, weil ihre Blätter ein gutes Viehfutter abgaben. Der Bergahorn ist ein "Brotbaum" - bei Schneefall auf den Almen streiften die Hirten die Blätter von den Bäumen und verfütterten sie dem Vieh. Die großen Bergahorngestalten auf den Alpen des Allgäu (im Alemannischen heißen die Almen Alpen) oder auf dem berühmten Ahornboden im Karwendel spenden dem Almvieh also Schatten und Nahrung.
Der Bergahorn war auch ein Saftlieferant, ähnlich wie der kanadische Zuckerahorn. Er war allerdings viel weniger ergiebig. Bergahornsyrup diente vor allem während der napoleonischen Kontinentalsperre als Zuckerersatz; in manchen Gegenden zapften die Leute bis nach dem zweiten Weltkrieg Ahornstämme an.
Bei den Schreinern gehören Ahorne zu den Stars: ihr helles, kompaktes Holz mit seinem seidigen Glanz und samtenen Griff ist sehr begehrt zur Herstellung hochwertiger Möbel, für Parkett, als vornehmes Furnierholz; besonders auch für Intarsien, wo das Ahornholz mit dunkleren Hölzern, wie Nuss oder Eibe, blendende Kontraste bildet. Bergahorn bildet oft Holz mit einer besonderen Maserung aus: dieser kostbare, "geflammte" Vogelahorn wurde und wir beim Instrumentenbau verwendet, für Böden und Zargen bei Geigen, Bratschen und Celli.
Tief gelappt: Blatt des Bergahorns |
Bergahorn auf der Alpe |
Der mindere Bruder
ist der Spitzahorn (Acer platanoides). Er hat seinen Namen von den lang ausgezogenen Blattspitzen; die Blätter des Bergahorns sind tiefer gelappt und nicht so stark gezähnt. Berg- und Spitzahorn haben ähnliche Ansprüche an Boden und Klima. Beide lieben Regen und tiefgründige Böden. Das Holz des Spitzahorns ist weniger begehrt, er ist auch nicht so langlebig - 500 Jahre alt kann der Bergahorn werden, der Spitzahorn beginnt schon nach 150 Jahren abzusterben. Der Spitzahorn ist also in vielerlei Hinsicht der mindere Bruder des Bergahorns. Im Herbst nähert sich aber die Stunde des Triumphs: rot und orange flammen seine Blätter, gewöhnlich-gelb sind jene des Bergahorns. Jetzt im Herbst kann man die beiden Ahorne trefflich mit einem Blick schon von weitem unterscheiden.
Farbenpracht im Herbst: Spitzahorn |
Spitze Blätter des Spitzahorns |
Der kleine Bruder
ist der Feldahorn (Acer campestre). Er ist wärmeliebender als die beiden anderen und kommt meist als Strauch in Hecken, Garteneifriedungen und an Feldrainen vor. Die kleinen gelappten Blätter des Feldahorns wurden früher eingestampft, vergoren und wie Sauerkraut gegessen. Auch hier haben wir also wieder einen Ahorn als "Brotbaum" vor uns.
Eine kleine etymologische Betrachtung weist uns den Weg zu weiteren interessanten Fakten über den Feldahorn. Sein althergebrachter Name ist Maßholder - Maß kommt vom altsächsischen Mat und heißt Speise: die bayerische Maß gehört zu den Lebensmitteln, das weiß man in Bayern seit jeher. Die gleiche Silbe finden wir auch im Schiffskoch, dem Maat, im Mus und Met der Germanen, in der Mast und der Mettwurst; auch im Maßliebchen, dem essbaren Gänseblümchen, das, aufs Butterbrot gelegt, den Leuten auch heute noch schmeckt. Der Feldahorn hat noch einen weiteren Namen: Mäpel. Mapel ist der englische Name für Ahorn - beim sugar maple ist der Zusammenhang von Ahorn und Speise besonders offenkundig.
Als Strauch in der Hecke |
Klein, rundlich und essbar: Feldahorn |
Viel Glück beim Auffinden der drei Brüder A. auf euren Oktoberspaziergängen!