Montag, 29. Mai 2017

Zottiger Klappertopf

 
 
Ein Halbschmarotzer
 
Jetzt im Mai sieht man auf manchen Wiesen die gelben Blütentrauben des Zottigen Klappertopfs. Man kann ihn leicht aus dem Boden ziehen. Er erspart es sich, einen großen Wurzelapparat auszubilden, lässt nur kleine Würzelchen sprießen, mit denen er Wirtspflanzen - oft Gräser - anzapft. Er ist nämlich ein Schmarotzer, genauer ein Halbschmarotzer.

Licht, Energie, Prana, Qi – das sind die Zutaten für die äußerst kalorienarme Eso-Suppe, die der österreichische Filmemacher Peter-Arthur Straubinger in seinem Film „Am Anfang war das Licht“ dem staunenden Publikum auftischt. Im Zentrum steht die Behauptung, Menschen könnten sich, ohne zu essen, allein von Licht ernähren, von „feinstofflichlicher“ Energie. Leider waren die Folgen für mindestens drei Menschen von eher grobstofflicher Art – sie sind verhungert und verdurstet. Diese Leute waren natürlich selbst schuld; Ellen Greve, vulgo„Jasmuheen“, eine australische Lichtdiätetikern, behauptete von einem Opfer, es sei nicht „rein“ gewesen. Muss eine nette Frau sein, die Jasmuheen, und so mitfühlend!
Ich selbst bin zu wenig – wie soll ich sagen – erleuchtet?, um an die Lichtnahrung zu glauben und bleibe lieber bei dem drögen wissenschaftlichen Gemeinplatz, wonach es allein die grünen Pflanzen sind, die ihre Nahrung mit Hilfe von Sonnenenergie herstellen und damit die Nahrungskette für alle anderen Lebewesen in Gang setzen.

Pflanzen sind die einzigen und wahren Licht-Diätetiker. Sie betreiben Photosynthese: Das Sonnenlicht, das auf den grünen Pflanzenfarbstoff Chlorophyll auftrifft, setzt eine biochemische Reaktionskette in Gang, bei der aus Wasser und dem Kohlendioxid aus der Luft Sauerstoff und Traubenzucker entstehen. Traubenzucker liefert die Energie für alle Lebensvorgänge der Pflanze und den Luftsauerstoff, den Tiere einatmen. Das Chlorophyll sitzt auf dicht gefalteten Membranen in den Chloroplasten, den kleinen ovalen Organellen in den Blättern und anderen grünen Teilen der Blütenpflanzen.
 
Hier findet Photosynthese statt - in den grünen Kügelchen, den Chloroplasten

 
Dichtgepackte Membranen vergrößern die Oberfläche in den Chloroplasten
Autotroph nennt man grüne Pflanzen deswegen, selbsternährend. Tiere ernähren sich von Pflanzen – sie können ihre Nahrung nicht selbst herstellen, sie sind heterotroph.
Doch allein von Licht und Kohlendoxid können Pflanzen nicht leben. Bekanntlich brauchen sie Wasser, das sie mit den Wurzeln aus dem Boden aufnehmen und darin gelöste Mineralsalze, zum Beispiel Magnesium oder Eisen. Bestimmte Schlaumeier im Pflanzenreich sind nun im Laufe der Evolution darauf gekommen, sich die Photosynthese ganz zu ersparen und andere Pflanzen anzuzapfen. Das sind Schmarotzer, wie zum Beispiel die Schuppenwurz, die keine grünen Teile besitzt und kränklich-braun in feuchten Wäldern steht.
Dann gibt es wieder andere, die den goldenen Mittelweg gehen. Sie stellen einen Teil der Nahrung selbst her – haben Chlorophyll – und zapfen gleichzeitig ihre Wirtspflanzen um Wasser und Nährsalze an. Das sind sogenannte Halbschmarotzer. Ein sehr bekannter Vertreter, die Mistel, ist im Eulenblick schon besprochen worden.

Unsere Pflanze des Monats, der Zottige Klappertopf (Rhinanthus alectorolophus) ist auch ein Halbschmarotzer. Er hat grüne Blätter, betreibt also Photosynthese. Zottig heißt er wegen der dichten Behaarung von Stängel, Blütenständen und Deckblättern, die die einzelnen Blüten umhüllen. Daran ist er leicht zu erkennen, ebenso am millimeterkurzen blauen „Zahn“ der aus der helmartigen gelben Blüte lugt. Bis zu 80 cm hoch kann die Pflanze werden. Die Blätter sind eiförmig-lanzettlich und gezackt.
Zottig und mit blauem Zahn
Der Klappertopf heißt so, weil die reifen Samen in dem trockenen aufgeblasenen Blütenkelch klappern. Der Wind fährt in diesen Hohlraum und hilft bei der Verbreitung der Samen.
Der Klappertopf steht gerne im Batz – er ist eine Zeigerpflanze für lehmige Böden. Er wächst aber auch auf ungedüngten Magerwiesen, Viehweiden und Getreideäckern. Überall dort findet er seine Wirtspflanzen. Er ist über ganz Europa verbreitet, gegen Norden wird er immer seltener.
Naturschützer freut's: Wiese voller Klappertöpfe
Auf wenig gedüngten Wiesen oder Weiden kommt er häufig vor. Er schmarotzt gerne auf Futtergräsern und schwächt sie in ihrem Wachstum. Er ist leicht giftig, deshalb muss man auf Pferdeweiden aufpassen, dass die Pferde nicht zuviel von ihm erwischen. Im Herbst bauen sich die Giftstoffe, sog. Glycoside, ab. Auch im Heu muss man das Gift des Klappertopfs nicht fürchten. Früher, vor der Erfindung von Pestiziden, war er in Getreidefeldern weit verbreitet. Er schmarotzte an den Wurzeln von Weizen, Roggen oder Gerste und ließ ein Feld recht ausgemagert erscheinen. Das machte den Klappertopf bei den Bauern verständlicherweise unbeliebt.
Naturschützer freuen sich über den Klappertopf und noch mehr über die heute seltenen Magerwiesen, die ihn beherbergen.

Außer dem Zottigen Klappertopf gibt es noch andere Klappertopfarten; sie alle sind Halbschmarotzer.

Bildnachweis
Angelika Schneider 2
Kristian Peters Fabelfroh 1
Wikipedia commons 1
Biolib.de/Thomé 1
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

 

 

 
 

 


 

 

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