Sonntag, 30. April 2017

Schehdorn, Schlehe

Wenn der Schlehdorn blüht am Hag, wird es Frühling auf einen Schlag
Diesen Monat geht es im Eulenblick wieder um einen weißblühenden Frühlingsstrauch. In den letzten Jahren haben wir schon Weißdorn, Traubenkirsche und Wolligen Schneeball besprochen. Diesmal wenden wir uns dem Schlehdorn (Prunus spinosa) zu. Andere Namen sind Schlehe oder Schwarzdorn. Die weißblühenden Gebüschreihen, die zur Zeit an Waldrändern oder Feldgrenzen auffallen, sind Schlehenhecken: Über und über mit zarten weißen Blüten bestückt, die dornigen Zweige noch ohne Blätter. Damit kann man die Schlehe auch leicht vom Weißdorn unterscheiden, dessen Blüten von frischen grünen Blättern umrahmt sind.

Schlehdorn, Schlehe, Schwarzdorn

über und über mit zarten weißen Blüten bedeckt
Die im Durchmesser 1,5 Zentimeter großen Blüten der Schlehe haben fünf zarte weiße Blütenblätter, an die zwanzig gelbe oder rötliche Staubblätter, die einen einzigen Griffel umgeben. Sie duften nach Mandeln und enthalten viel Nektar. Der ist wichtig für Insekten, etwa Hummeln, Bienen oder Schmetterlinge, bei denen Futter im zeitigen Frühjahr oft knapp ist. Die Insekten bestäuben die Blüten der Schlehe. Der Mandelduft stammt vom Amygdalin, dem Giftstoff der Mandel, der sich in vielen der Mandel verwandten Sträuchern findet. Die Blätter sind klein, fein gezähnt und spitz-oval.

Schlehenhecken bilden mit ihren dornigen, sparrigen Zweigen undurchdringliche lebende Zäune, grüne Mauern. Der mittelalterliche „Hag“, die Einfriedung der Felder durch Hecken, die Weidetiere draußen hielt, ist heute weitgehend aus der Landschaft verschwunden. Und damit auch eine ökologisch äußerst wertvolle Struktur: Hecken, nicht nur mit Schlehe, sondern auch mit vielen anderen Sträuchern (Weißdorn, Feldahorn, Feldulme, Pfaffenhütchen, Kornelkirsche) beherbergen neben vielen Insekten auch Säuger wie Igel, Wiesel oder Marder und Vögel wie den Neuntöter, der sich mit seiner Beute -  Käfern, Fröschen oder Mäusen - einen Vorrat auf den Dornen der Hecke aufspießt.
Blüten vor Blättern


Hag und Hecke: der Schlehdorn
 
 

Liebt Dornen: der Neuntöter

Im Herbst hängen die Schlehen voller blauer bereifter Früchte: Sehr saure Minipflaumen, die zunächst nicht einmal von Vögeln gefressen werden. Ein Tipp zum Vokabellernen mit allen Sinnen? Bitte sehr: Man zerkaue eine unreife Schlehenfrucht, dabei lernt man fürs Leben, was adstringierend heißt. Für alle diejenigen, die grad keine unreife Schlehe zur Hand haben – es bedeutet „zusammenziehend“. Nach dem ersten Frost werden Schlehenbeeren genießbar und können zu Marmelade, Likör oder Schnaps verarbeitet werden.


bereift und adstringierend

Schwarz-weiß ohne Grün: Etwas Unheimliches umgab diese Pflanze schon immer: die Blüten scheinen direkt aus der schwarzen Rinde zu wachsen, die Blätter fehlen noch. Zu den weißen Blüten steht die schwarze Rinde der Schlehe („Schwarzdorn“) in starkem Kontrast; das ließ sie zum Lebens- und Todessymbol werden. In Irland wohnen die Lunantishees, „kleine Leute“ – Feen – in der Schlehe.
Das Holz der Schlehe ist sehr hart. Früher waren die Zähne der Rechen aus Schlehenholz. Eine besondere Verwendung finden Schlehenzweige in Anlagen zur Salzgewinnung, in Gradierwerken. Sole fließt über die Zweige; dabei verdunstet Wasser, die Konzentration erhöht sich. Salz setzt sich an den Zweigen ab.


Sparriges Gradierwerk mit Sole
Das Wort Schlehe stammt vom indogermanischen sli für bläulich. Damit verwandt ist das slawische Sliwa für Zwetschge. Deshalb wird man vom Slivovitz auch so blau – nein, blöder Witz. Doch darauf jetzt doch ein Stamperle Schlehenbrand! Prosit!
 
Bildnachweis:
A. Schneider 3
Kurt Stüber 1
Kaeptn Chemnitz 1
Ulrich Stelnzer 1