Dienstag, 17. Juli 2012

Mädesüß

Pflanze des Monats Juli


Mädesüß
Filipendula ulmaria

Blüht im Hochsommer: das Mädesüß




















Lebensraum F-Wort

 

Man freue sich: Wenn das Mädesüß blüht, ist Hochsommer. Das Mädesüß wächst auf feuchten, nährstoffreichen Standorten, am Ufer des Baches, in Auwald, Niedermoor und Streuwiese. Die cremeweißen, vielblütigen Blütenstände leuchten aus dem satten Grün der gefiederten und behaarten Blätter hervor. Die rot überlaufenen Stängel werden über einen Meter hoch, manchmal auch bis zu zwei Meter. Sie verzweigen sich in der oberen Hälfte und bilden zwei oder mehr Blütenstände aus. Die behaarten Blätter des Mädesüß' erinnern an jene der Ulme, daher der Artnamen ulmaria. Die Blüten verströmen einen intensiven süßlich-aromatischen Duft nach Rheumasalbe. Dazu unten mehr. Das Mädesüß ist in ganz Europa verbreitet, mit Ausnahme der heißesten Mittelmeergebiete. Es kommt auch in Nord- und Mittelasien vor.

Weiße Blütendolden, behaarte Blätter


























In Mitteleuropa sind Feuchtgebiete - Moore, Streuwiesen, Auen - selten geworden und das, was von ihnen übrig blieb, verdient strengen Schutz. Seit Charlotte Roches Skandal-Seller kommt der Ruf nach dem Schutz der wertvollen Feuchtgebiete manchem Umweltschützer aber nur noch zögerlich über die Lippen. Der Lebensraum des armen Mädesüß' ist zu einem F-Wort geworden. Deshalb soll hier jenseits aller Peinlichkeit der Ruf ertönen: Schützt die Feuchtgebiete!


Im Murnauer Moos


Kein süßes Mädel

Woher hat das Mädesüß seinen schönen Namen? Mit dem "süßen Mädel" hat es nichts zu tun, lieber männlicher Leser. Nachdem die Aromen aus der Blüte früher zum Süßen von Wein und Met verwendet wurden, soll sein Namen "Metsüße" bedeuten. Ziemlich vordergründig diese Deutung, oder? Überzeugender ist der Zusammenhang von "Mäde" zur Mahd, zur Mähwiese, auf der das Mädesüß steht. Auch das englische Meadow und die Mahd gehören zusammen; in England ist das Mädesüß das meadow sweet. Das alte "Mede" bedeuted Grasland. In der Folge "Tote singen nicht" meiner Lieblings-Krimiserie "Inspector Barnaby" wohnt einer der Verdächtigen im herrschaftlichen Landgut Hartsmede.

Vom Mädesüß zum Aspirin

 Der Wunderwirkstoff des Aspirins ist die Acetyl-Salicylsäure. Das "Salicyl-" kommt von Salix, der Weide, deren Rinde eine Vorstufe von Salicylsäure enthält und die schon in der Antike als Heilpflanze  genutzt wurde. "Acetyl"- kommt von der Essigsäure, die bei der Gewinnung der Salicylsäure zum Einsatz kommt. Im Aspirin ist das "A" ein Hinweis auf die Essigsäure. Die Silbe "Spirin" wiederum kommt von Spiraea, dem Spierstrauch. Gemeint ist aber das Mädesüß, das früher den Gattungsnamen Spiraea trug und zu den Spiersträuchern gezählt wurde. Fazit: Aspirin ist nach dem Mädesüß benannt. Denn auch es enthält Salicyl und wurde seit langem als Heilkraut verwendet. Es wird, genau wie Weidenrinde, gegen Fieber, Erkältungen, Rheuma und Kopfschmerzen empfohlen. In manchen Foren wird auch eine Wirksamkeit gegen Migräne und Malaria behauptet, aber das dürfte wohl auf die Heilkräuterenthusiasten zurückzuführen sein, denen es nicht genügt, dass eine Pflanze gegen manches hilft, nein, sie soll gleich gegen alles helfen.

John Gerard schrieb 1597 davon, dass das Mädesüß "...von Anfällen des Viertagefiebers" befreie. Dabei kam aber seine fiebersenkende Wirkung zum Tragen. Gegen Malaria hilft bis heute das Moskitonetz und sonst, wie's ausschaut, leider gar nichts, weder Weidenrinde, noch Mädesüß, noch das Bibergeil, das Fett des Bibers, dessen Heilwirkung ebenfalls auf die Salicylsäure zurückgeht.



Aspirin am Wegrand